Am Namenstag unserer Pfarre beschäftigte sich Diakon Hermann Niederhauser in seiner Predigt mit der Familie von Jesus, und der Sehnsucht in unsere Zeit nach einer heilen Familie.
Predigt zum Ausdrucken (hier klicken)
Lk2, 41 -52
Liebe Gottesdienstgemeinde !
Unsere Pfarrkirche feiert heute Namenstag. Sie ist benannt nach der Familie aus der Jesus stammt. Wenn ich hier sage „heilige Familie“ dann liegt auch sehr nahe der Ausdruck „heile Familie“.
Es ist wohl so, dass sich die Menschen zu keiner Zeit des Jahres mehr nach einer intakten Familie sehnen als jetzt. Weihnachten ist zu einem überbetonten Fest einer makellosen Familienidylle geworden.
Zugleich spüren aber viele, dass das nicht gelingt. Die Erwartungen sind zu hoch. In der Praxis des Zusammenlebens zeigen sich ja doch so manche Spannungen.
Ja, wenn es bei uns heute um die Feier der heilen Familie ginge, dann wäre die Kirche heute vermutlich leer. Denn wer von uns lebt wirklich in einer ganz und gar heilen Familie. Ohne Streit, Eifersucht, Krankheit, Sorgen und Leid ? Ich kenne keine Familie , wo alles vollkommen ist. Das irdische, das menschliche ist überall da.
Doch wir kennen beides: die „unheilen“ Situationen, und wir kennen auch die Sehnsucht nach der vollkommenen Familie. Neben dieser Sehnsucht gibt es aber auch noch etwas anderes: den Anspruch, eine „heile Familie“ sein zu müssen. Wenn auch oft nur nach aussen hin….
Haben in unserer Kirche nur die Platz, wo alles OK ist ? Jesus hat doch gesagt : Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid. Er hat sich mit Sündern und Ausgestossenen abgegeben, – und mit ihnen Mahl gefeiert. Er hat doch gesagt : Nicht die Gesunden, sondern die Kranken brauchen den Arzt.
Sicher gibt es auch Menschen die sich zu unwürdig vorkommen. Die sagen: nein, dort gehe ich nicht hin, da passe ich nicht hinein mit meiner Geschichte, mit meiner Lebenssituation.
Der Grund für so manche Ausgrenzungen ist freilich zum Teil auch im Umgang der Kirche mit gescheiterten Beziehungen zu sehen. Hier ließen sich noch so manche menschlichere Wege finden. Eine Kirche im Sinne Jesu soll und darf ein Ort sein für Menschen, die sich schwer tun und die es schwer haben im Leben.
Der heutige Festtag will uns keinen Druck machen, irgend jemand zu sein, der wir gar nicht sind. Gefeiert wird nicht die „heile“, sondern die „heilige“ Familie. Was das bedeuten kann, wenn eine Familie „heilig“ ist, das führt uns das Evangelium ganz deutlich vor Augen: Es geht nicht um eine „Friede-Freude-Kuschel-Familien-Situation“.
Da hören wir heute von Eltern, die sich Sorgen machen, die ihr Kind drei Tage lang suchen – in einer fremden Stadt. Es gibt schreckliche Vorstellungen, Ängste und Vorwürfe und ein Kind, das seinen Eltern fremd erscheint, als sie es – endlich – wiederfinden. Die Bibel sagt deutlich, dass die Eltern ihr Kind Jesus nicht verstehen. Freilich muß man da die Phase der Pubertät miteinbeziehen. Auf der anderen Seite, erkennt Jesus aber schon immer mehr wo sein Platz ist. Seine Hinwendung zum Vater wird immer deutlicher.
Es ist also eine sehr menschliche Situation die uns von dieser Familie überliefert wird: Schon von Anfang an ist ja nichts heil – mit einer Geburt im Stall und der Flucht – und schon gar nicht das Ende am Kreuz. Aber: Sie ist dennoch heilig, diese Familie.
Wenn wir also heute die heilige Familie feiern, dann feiern wir kein fernes Ideal, das wir sowieso nie erreichen können.
Wir begehen heute dieses Fest als Familien, wie sie sind: – geprägt von Sorgen, Verlust und Kränkungen.
Der Festtag der Heiligen Familie bedeutet: Wir feiern als Menschen, die mit Brüchen leben müssen. Wir feiern uns, wenn wir uns gerade an Weihnachten jedes Jahr neu entscheiden müssen, wie es denn auch für uns Weihnachten werden kann.
Heilig ist nicht das heile und bruchlose Leben.
Es bedeutet, dass wir durch die Zugehörigkeit zu Christus und im Bemühen um seine Nachfolge zur Heiligkeit berufen sind. Diese Sehnsucht dürfen wir in uns tragen und wach halten.
Amen.