Diakon Rudolf Bittmann begann seine Predigt mit der Feststellung dass Weihnachten in den Geschäften vorbei ist. Für uns Christen geht aber das Fest durch die Menschwerdung Gottes weiter!
Ja, es ist aus für heuer mit Weihnachten, so ziemlich. In den Geschäften wird nahtlos auf Fasching umgestellt. Allenfalls ist noch Christbaumbehang und Deko zu Abverkaufpreisen zu erstehen.
Das holde Kind kann in seliger Ruh wieder ein Jahr schlafen.
Ist Weihnachten vorbei, abgelegt für ein ganzes Jahr?
Die Kirche will das ganz offensichtlich nicht so einfach hinnehmen. Sie serviert uns heute dasselbe Evangelium wie zu Weihnachten. Diesen sonderbaren, aber machtvollen Text, mit dem Johannes sein Evangelium beginnt. Diesen Text, der uns fasziniert, irritiert, der uns so unverständlich, und der uns doch so vertraut ist.
Tatsächlich handelt es sich dabei um einen Hymnus, ein Lied, sozusagen um das „Stille Nacht, Heilige Nacht“ der Christen damals. Ein Lied, das sie gar nicht oft genug hören konnten, weil es das Wesentliche ihres Glaubens zusammengefasst hat.
Es kann vielleicht zum Verständnis beitragen, dass der Begriff „Wort“ im Denken der Griechen der Zeit Jesu eine ganz andere, viel weitere Bedeutung gehabt hat als unser schlichtes „Wort“. Griechisch war die Sprache, in der sich die Botschaft Jesu anfänglich verbreitet hat. „Wort“ oder griechisch „Logos“, das war die Absage an das Chaos. Wir erkennen es noch in unserem „logisch“ oder „Logik“. Logos, das war Ordnung, Licht, Wahrheit, Vollkommenheit, Weltvernunft.
Der Begriff Fleisch dagegen war so ziemlich das genaue Gegenteil davon. Fleisch meinte das Verderbliche, das Vergängliche, das Niedrige. Eine Denkweise, die bis heute dazu führt, dass alles Körperliche, Leibliche, alles Sinnliche in Misskredit geraten ist, von vorneherein für anrüchig, sündhaft und schlecht gehalten wird.
Und da hören wir: „Das Wort ist Fleisch geworden“. Gott wird leiblich, Gott wird Fleisch. Gott wird, wie wir, wird Mensch mit allem, das dazu gehört. Gott erteilt damit dem überkommenen Denken eine Abfuhr. Nicht nur der edle Geist zählt, alles ist von Gott geschaffen, auch die Materie, auch das Fleisch, auch die Menschen. Der Mensch war kein Irrtum der Schöpfung. Nicht Gott hat den Menschen schlecht erschaffen – der Mensch hat sich selbst schlecht gemacht.
Vielleicht kennen sie das Märchen vom mächtigen Kalifen Harun al Raschid. Der wollte einmal genau wissen, was seine Untertanen wirklich über ihn denken. Und so verkleidete er sich und mischte sich unter das Volk, um dessen Gedanken zu belauschen.
Ganz anders Gott. Der hat sich nicht verkleidet, sondern er hat sich gleich gemacht mit seinen Geschöpfen. Er hat sich mit den Menschen auf eine Stufe gestellt. Und er hat damit uns Menschen auf seine Stufe gehoben, in dem er „uns die Macht gab, Kind Gottes zu werden“.
Es ist schon gut, dass die Zeit der üblichen Weihnachtslieder wieder für ein Jahr vorüber ist. Sie haben ihre Berechtigung, sie greifen uns ans Herz, machen uns weicher und milder. Aber auf Dauer wären sie nicht zu ertragen.
Ganz anders dieses Weihnachtslied des Johannes. Das ist das Weihnachten, das wir immer bei uns haben sollten.