24.Jän. In der Sonntagspredigt beschäftigte sich Pfarrer Slawomir Dadas damit, wer oder was in einer Pfarre das wichtigste ist.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
das hierarchische Denken bestimmt unser Leben und wurde oft ein Teil des gesellschaftlichen Systems. Besonders in den Familienkreisen stand es im Dienst der Sicherheit und des internen Friedens. Die Hofübergabe geschah traditionell hierarchisch auf den Ältesten ohne darüber nachzudenken, ob er der Geeignetste dafür ist. Durch dieses – fast könnte man sagen: Naturgesetz – beugte man dem Streit und der Auseinandersetzung zwischen den Kindern vor. In den gesellschaftlichen Systemen wurde oft die Leistung als Schlüssel zur hierarchischen Aufstellung angewendet. Gerade im Jahresrückblick gibt es Veranstaltungen, die sich mit Wertungen beschäftigen. Die Musik- und die Filmpreise werden vergeben, die Künstler, Schauspieler und Sportler werden ausgezeichnet. Dadurch entsteht eine Rangliste – also eine Hierarchie, die sich auf das Gehalt, auf die Werbeaufträge und automatisch auf das Ansehen eines Menschen auswirkt. Auch oder gerade besonders die Kirche bezeichnet sich als eine hierarchische Gemeinschaft. Ich möchte heute aber nicht über die theologische Entwicklung und nicht über Licht und Schatten der Struktur der Kirche sprechen, sondern Sie darauf aufmerksam machen, dass ein hierarchisches und dadurch ein auf- und abwertendes Denken oft in die Pfarrgemeinden übertragen wird. Damit könnte der so menschliche Wunsch verbunden sein, einmal zu hören was wichtiger ist: das Rosenkranzgebet oder der Frühschoppen, die Anbetung oder der Ministrantennachmittag, die Arbeit an der Homepage oder das Basteln der Kerzen für die CTK-Projekte? Gibt es eine Hierarchie der Tätigkeiten in der Gemeinde? Kann man sie so festlegen, dass ich sicher bei den wichtigsten dabei bin, um mir am Jüngsten Gericht vom Herrn Gott nicht vorwerfen lassen muss, das Wesentliche im Leben übersehen zu haben?
Die heutige Lesung aus dem ersten Brief an die Korinther ist ein Zeugnis dafür, dass diese Thematik bereits die Urgemeinde beschäftigte. Die Antworten des Paulus können auch uns helfen, einen guten Zugang zum Verständnis der vielfältigen Dienste und Begabungen in der Gemeinde schaffen. Paulus knüpft dabei an eine damals berühmte Fabel des Menenius Agrippa vom Streit der Körperteile an, die geglaubt haben ohne einander auskommen zu können:
„Einst war im Menschen noch nicht alles so harmonisch wie heute. Jedes Glied hatte seinen eigenen Willen, seine eigene Sprache. Da ärgerten sich die übrigen Glieder, dass sie nur für den Magen sorgten, für ihn arbeiteten und alles heranholten. Der Magen aber liege ruhig in der Mitte und tue nichts anderes, als sich mit den herangebrachten Dingen zu sättigen. Die Glieder beschlossen also: Die Hände sollten keine Nahrung zum Munde führen, der Mund solle das Gebotene nicht nehmen, die Zähne nicht zerkauen. In dieser Zeit, in der sie den Magen durch Hunger zwingen wollten, wurden die Glieder selbst und der ganze Körper völlig schwach und elend. Da sahen sie ein, dass auch die Aufgabe des Magens nicht die Faulheit war. Ebenso, wie er ernährt wurde, stärkte er auch wieder. Das durch die Verarbeitung der Nahrung erzeugte Blut, wodurch wir leben und gedeihen, verteilte er in alle Adern bis in alle Glieder des Körpers.“
(Quelle:http://www.eduhi.at/gegenstand/latein/data/Das_Gleichnis_vom_Koerper_und_dem_Magen.doc )
Für eine Gemeinde muss es also wichtig sein, dass die einzelnen Begabungen und Fähigkeiten im Dienst der ganzen Gemeinschaft stehen. Menschen, aus unterschiedlichen Familien, die unterschiedlich verdienen, die sich unterschiedlich kleiden und mit verschiedenen Glaubensgeschichten werden durch die Taufe zu einem einzigen Leib Christi. Alle werden durch denselben Geist gestärkt, damit es dem Ganzen gut geht. Man braucht die Vielfalt und sie ist keine Bedrohung, sondern eine Bereicherung und Voraussetzung für das Leben einer christlichen Gemeinschaft. Dabei geht es auch nicht darum, eine Hierarchie aufzustellen, sondern allen genug Beachtung, Anerkennung und Wertschätzung zu schenken. Denn Gott wirkt in allen und durch alle.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
auch wenn unser gesellschaftliches Denken sehr hierarchisch ist, sind wir als christliche Gemeinschaft dazu verpflichtet, ein Zeugnis der Einheit in Liebe zu geben. Wir sind von Gott berufen, dankbar zu sein für alle, die etwas anders können als wir und es ins Leben der Pfarrgemeinde einbringen. Denn dort, wo alle Glieder zusammenwirken, wirkt Christus. Dort ist der Leib gesund und bringt reiche Frucht.