Faschingssonntag. Im ganzen Land steuert der Fasching auf seinen Höhepunkt zu, und an allen Ecken hört man Narrenreden. Da konnte es sich auch Pfarrer Dadas nicht verkneifen am Schluss des Gottesdienstes eine kleine Ansprache zu halten.
Predigt zum Ausdrucken (hier klicken)
Brief an Bischof Ludwig, der nie abgeschickt wurde:
Lieber Bischof Ludwig,
wie es sich für einen gehorsamen Pfarrer gehört, schreibe ich Dir den Halbjahresbericht aus meiner neuen Pfarre.
Zuerst danke ich Dir, dass Du nicht auf die Personalstelle gehört hast, die die Pfarre für dieses Jahr nicht richtig besetzen wollte und mich nach Wels, in die Vogelweide geschickt hast. Ich fühlte mich hier vom Anfang an heimisch, weil die Disziplin bei den Ministranten der der Rekruten aus der Hörschinger Kaserne ähnelt.
Mein besonderer Dank gilt aber dafür, dass Du für mich eine Pfarre ausgesucht hast, wo es keine weiblichen Angestellten im heiratsfähigen Alter gibt. Sonst hätte ich eine schlechte Nachrede haben können, dass ich in ungeordneten Verhältnissen lebe. Ich kann mir schwer vorstellen, dass sich jemand aufregt, wenn ich mit Klaus nachmittags oder abends Überstunden mache.
In der Vogelweide verzeichne ich bereits die ersten Erfolge. Zuerst ist es mir gelungen, eine Ergänzung zu der Wirbelsäulengymnastik zu schaffen. Da die Hauptursache für die meisten Rückenprobleme im langen Sitzen liegt, stehen wir jetzt im Gottesdienst öfters auf. Die meisten haben sich schon daran gewöhnt und sind sehr froh darüber, weil die Auf- und Ab- Bewegung den Kreislauf belebt und dem Einnicken bei der Predigt vorbeugt.
Ich habe es auch geschafft, die Raucher davon zu überzeugen, im Pfarrheim weniger zu zündeln und den Sechzehnjährigen nicht zu vermitteln, dass erst eine beschädigte Lunge ein Ausdruck der Reife eines Menschen wäre. Wir haben uns darauf geeinigt, ab Ostern mehr Gottesdienste mit Weihrauch einzuführen, bei denen die Raucher für den Weihrauchkesseldienst eingeteilt werden. Die regelmäßige Inhalation der Quarzdämpfe könnte neben der Befriedigung der Sucht auch zur Vertiefung der Spiritualität führen. Ab diesem Zeitpunkt werden sich die Rauchsüchtigen, die den Dienst regelmäßig übernehmen, Rauchopferleviten nennen dürfen.
Da unsere Orgel aus dem letzten Loch pfeift und einige meinen, dass wir uns keine neue leisten können, bitte ich Dich um die Bewilligung, wieder Rockmessen einführen zu dürfen. Ich bin überzeugt, dass nach dem AC DC Konzert in Wels keine Beschwerden wegen Lärmbelästigung zu erwarten sind. Ich erhoffe mir auch, dass sich nach zwei oder drei Rockgottesdiensten einige Sponsoren für eine Pfeifenorgel finden.
Endlich blicken wir zuversichtlich nach vorne. Das bisherige Pfarrmotto: „Weil es schon immer so war“ möchten wir durch ein neues ersetzen. Zwar wissen wir noch nicht genau wie es lauten sollte, aber wir suchen etwas Pfiffiges und Modernes: die ersten Vorschläge sind bereits abgegeben worden wie z.B. …“flott mit Gott“, „die Vogelweider Pfarre flitzt wie eine neue Karre“ oder „eins, zwei, drei, der Heilige Geist ist bei unserem Aufbruch mit dabei“…
Obwohl ich mir schon einiges in der Pfarre angeschaut habe, konnte ich bisher keine Männerbewegung finden. Ich glaube, sie wurde durch die Frauen, die zwei Bewegungen haben, in den Untergrund verdrängt. Ich bin mir aber sicher, dass wir es schaffen, auch für die Männer einen öffentlichen Platz zu finden, damit sie sich nicht weiterhin verstecken müssen.
Etwas, das mir Sorgen bereitet, ist die Angst einiger Bevölkerungsschichten vor dem Pfarrer. Einerseits merkt man solche Ansätze bei der Jungschar und bei der Jugend, die sich meistens im Keller verstecken, statt z.B. am Sonntag in der Öffentlichkeit aufzutreten. Besonders aber merkte man dieses Phänomen bei den Gesprächen über den Umbau des Altarraumes, weil einige Leute sich fürchten, ganz nahe bei Pfarrer mitzufeiern. Ich habe den Verdacht, dass sie in den Messen nicht genau aufpassen oder etwas anderes als vorgesehen tun, das ich von der Weite nicht erkennen kann. Dies wird auch der Grund sein, warum sie nicht wollen, dass der Altar herunter gestellt wird. Ich hoffe, dass mit der Zeit alle merken, dass ich nicht so böse bin wie ich ausschaue und dann werden sich Kinder, Jugendliche und ältere Menschen um den Altar versammeln.
Wie Du merkst, geht es mir in der Pfarre gut. Ich bemühe mich, alles zu erfüllen, was Du mir aufgetragen hast und hoffe dadurch noch mehrere Jahre hier bleiben zu dürfen.
Da ich vor habe, hier mindestens zehn Jahre zu wirken, bitte ich Dich, alle höheren Posten in Linz für solche Priester auszuschreiben, die durch ihre Tätigkeit niemand aufregen, nicht auffallen, besondere Kleidung tragen, nicht mitdenken, sich nirgends einmischen und alle Probleme übersehen oder zudecken. Weil ich diese Kriterien nicht erfüllen kann, bin ich zuversichtlich, in der nächsten Zeit von Wels nicht abberufen zu werden.
Dein ergebener Pfarrer von Wels-Heilige Familie
Slawomir Dadas
PS: Der Mann, der mir voriges Jahr, als ich noch in Hörsching war, ein gutes Mittagessen und einige Flaschen Wein versprochen hatte, wenn ich die Pfarre Heilige Familie übernehmen sollte, hat mich bei der Übersiedlung auf Frankfurter eingeladen. Den Wein habe ich bis heute noch nicht gesehen.
Anmerkung der Redaktion
Wie sie der Rede entnehmen können, wartet Pfarrer Dadas noch immer auf einige Flaschen Wein! Mittlerweile hat er diese erhalten.