„… gib mir weder Armut noch Reichtum, nähr mich mit dem Brot, das mir nötig ist, damit ich nicht, satt geworden, dich verleugne und sage: Wer ist denn der Herr?, damit ich nicht als Armer zum Dieb werde und mich am Namen meines Gottes vergreife.“ (Spr. 30, 8-9)26. Sonntag im Jkr.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
seit mehreren Jahren wird immer deutlicher, dass die Schere zwischen den Reichen und den Armen auf der Welt immer weiter auseinanderklafft. Den ständig publizierten Listen der Milliardäre stehen Zahlen derer gegenüber, die auf Grund von Unterernährung sterben. Wenn einige wenige den Besitz vermehren, müssen sich die anderen mit dem begnügen, was übrig bleibt. Es ist auch klar und man hat sich schon fast daran gewöhnt, dass die Zahl der Benachteiligten weit größer ist, als die der im Überfluss Lebenden. Trotzdem geht es mir nicht darum, die Armen zu bemitleiden und die Reichen zu verdammen. Mir geht es um die Frage, was mehr Gott gewollt ist. Kann es sein, dass der Reichtum ein Zeichen des Segens, und die Armut ein Zeichen der Sünde oder zumindest der Prüfung ist? Welche Lebensform trägt mehr dazu bei, dass jemand in den Himmel kommt, also bei Gott vollendet wird? Und wenn man sich noch dazu das heutige Evangelium anschaut und annimmt, dass jeder von uns vor allem nach der endgültigen Erlösung strebt, ist auch die Frage berechtigt: Welches Leben ist aus der Sicht des Glaubens besser: eines im Reichtum oder eines in der Armut?
In der vorchristlichen Zeit gab es immer wieder Versuche, den Lebensstandard der Menschen mit Gott und seinem Willen in Verbindung zu bringen. Den Segen hat man fast an der Anzahl der Schafe in der Herde und der Kinder, nicht unbedingt mit einer einzigen Frau, messen können. Aus der Erfahrung, dass nicht jeder Besitz mit rechten Mitteln erworben wurde und aus der Überzeugung, dass Gott gerecht ist, hat es Fasten- und Almosengebote gegeben, die einen gewissen sozialen Ausgleich schaffen sollten. Und weil man realistisch war, und wusste, dass eine echte Gerechtigkeit hier auf der Erde nicht möglich ist, vertröstete sich man oft auf das Jenseits: auf die Vorstellung – wie im Evangelium – dass Gott die irdische Ordnung einmal umdrehen wird. Zumindest dort sollen die Armen getröstet und die Reichen bestraft werden. Und wieder sollte es Sieger und Verlierer geben. Dadurch könnte eine Haltung der Abwertung der Lebensfreude und des Materiellen entstehen und eine Flucht in eine nicht geerdete Spiritualität.
Wenn man sich aber die Lebensweise Jesu anschaut, seine Begegnungen mit den Zöllnern, mit den Reichen, seinen Genuss des Lebens, die Freude an der Gemeinschaft am Essen und Trinken, dann werden wir weder Reichtum noch Armut, weder diesseits noch jenseits gegeneinander ausspielen können. Aus dem Buch der Sprichwörter haben wir heute ein Gebet gehört, das auch in unserem Leben wichtig werden kann: „Herr … gibt mir weder Armut noch Reichtum, nähr mich mit dem Brot, das mir nötig ist, damit ich nicht, satt geworden, dich verleugne und sage: Wer ist denn der Herr?, damit ich nicht als Armer zum Dieb werde und mich am Namen meines Gottes vergreife.“
Ja, jeder sollte das Nötige haben. Jeder soll alles bekommen können, was er zu einem sicheren, sinnvollen und freudigen Leben braucht. Denn die Sicherheit im Materiellen, die Erkenntnis, dass mir nichts fehlt und das Vertrauen, dass ich auch in der Zukunft versorgt werden kann, eröffnen vielen den Zugang zur Sorge um Gerechtigkeit, Frömmigkeit, Glauben und Liebe. Niemand sollte sich aber vormachen, dass ihm die vergänglichen Güter ein unvergängliches Glück garantieren können.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
auch wir in der Pfarre stehen in der Spannung zwischen der Sorge um das materielle und geistige Wohl unserer Gemeinde. Der Flohmarkt ist ein Ausdruck dafür, denn – zusätzlich zum Kirchenbeitrag – verdanken wir ihm die Erhaltung unseres Seelsorgezentrums und die Durchführung vieler pfarrlicher Aktivitäten. Allen, die sich daran beteiligen, danke ich sehr herzlich. Ich wünsche uns allen, dass wir die Spannung zwischen der Sorge um das materielle und geistige Wohl unserer Gemeinde ausgewogen gestalten. Ich wünsche uns, dass uns unser Leben Freude macht, dass uns unser Umfeld und unser Wohlstand auf einen Gott hinweisen, der das Leben liebt. Und endlich wünsche ich uns, dass uns unser materielles Leben hilft und uns nicht daran hindert, die ewigen Güter bei Gott zu erreichen.
Slawomir Dadas
Pfarrer
Ein Gedanke zu „Arm oder reich?“
Sehr geehrter Herr Pfarrer Dr. Slavomir Dadas!
Schon geraume Zeit beobachte ich mit Freude Ihr Wirken in meiner ehemaligen Pfarre. In der „Ferne“ fallen mir dabei besonders Ihre gescheiten, und dennoch schlichten Predigten auf. Ich bin überzeugt, dass die Vogelweide mit Ihnen den Pfarrer bekommen hat, den sie braucht, den sie aber auch verdient – eben einen würdigen Nachfolger von Hans Bachmaier. Es ist ein Glücksfall, dass nach dieser echten Zwischenkrise Ihre Zeit gekommen ist.
Dabei hab ich jedoch „eine Träne im Knopfloch“, wenn ich an mein Spital am Pyhrn denke, obwohl sich mein Freund (und Dechant) Pater Friedrich nach einer ähnlichen „Zwischenkriegszeit“ sehr engagiert und redlich bemüht. Aber Erich Tischler fehlt uns, und sein Platz wird hier bei uns sicher niemals mehr so besetzt werden können, wie es in der Vogelweide mit Ihnen geschehen ist. Außerdem gibt es rund um Spital noch Bedrohungen durch einen heiligmäßigen Priester mit Vornamen Maria, der – fast ein Wunder – für´s Hirtenamt dann doch etwas zu heilig war.
Solche Ereignisse ließen mich an der Kirche (unam sanctam …..) verzweifeln und an Gott selbst zweifeln.
Wenn es einen Schöpfer gibt, was ich noch immer hoffe, der die Welt mit uns Menschen und das gesamte Universum so gewaltig und großartig erfunden hat, dann ist er unendlich anders als unsere Vorstellung von ihm; auch wenn sich die Menschheit seit Jahrtausenden auf so unterschiedliche Weise bemüht, ein fassbares Bild, einen Begriff von ihm zu machen. Und Jesus war vielleicht doch von ihm begnadet und gesandt, um regulierend einzugreifen, rechte Wege aufzuzeigen. Was aber „seine“ Kirche aus ihm geformt hat – mit viel Taktik und Anlehnung an bestehende Religionen, ist meilenweit von seiner Person, seiner Perönlichkeit und seinen Plänen entfernt. Deshalb steht Gott aber auch offensichtlich unendlich über den „Niedrigkeiten“ seiner Kirche, etwa einer Bischofsernennung oder den „Circenses“ in Rom.
Ihre Worte , Ihr Wirken und die Freude darüber bei den Menschen wie auch bei meinen alten Freunden lassen mich hoffen, dass dieser „unbekannte Gott“ seiner Schöpfung ein Prinzip des Guten eingepflanzt hat, von dem Sie ein Teil sind. Dieses Prinzip ist eine Spur von ihm, vielleicht gar ein Beweis. Aber er lässt sein Werk, Zeit, Raum und Materie, die Menschen, die Natur sich selbst über. Und die Schöpfung entwickelt sich gemäß seinen Gesetzen, wobei Werden und Vergehen, Katastrophen, Armut, Krankheit, Unrecht, Unfreiheit, Tod und Verzweiflung „systemimmanent“ sind.
Dennoch bemühe auch ich mich, ein guter Mensch zu sein. Auf die Zeiten meiner Mitarbeit in beiden Pfarren (Liturgiekreis; Innenrenovierung der großen Barockkirche) schaue ich immer noch gerne zurück. Und Priester wie Sie lassen mich hoffen, dass es diesen Gott gibt, dass es einen guten Gott gibt, dass wir ihn nach dem Ende unserer Zeit erleben werden.
Unsere Welt und unsere Zeit braucht Menschen wie Sie. Mögen Sie in Ihrer Überzeugung, Ihrem Glauben all jene Kräfte finden, die Sie für Ihr wichtiges Amt brauchen.
Weiterhin viel Freude, viel Mut und Erfolg wünscht Ihnen
R. Sulzbacher
P.S.: Herzlichen Glückwunsch für Ihre Bestellung zum Dechant!
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