Was haben Heilige mit mir zu tun? Mit dieser Frage beschäftigte sich Pastoralassistentin Sigrun Savoy in ihrer Predigt zum Allerheiligentag.
Heil werden und Heil bringen – Heilige
Das Gedenken an alle Heiligen wurde von Papst Gregor IV. im 9. Jahrhundert für die ganze Kirche eingeführt. Damals wurden Reliquien der Heiligen in das Pantheon überführt und der 1. November zum Gedenktag eingeführt. Allerheiligen ist sozusagen das Familienfest der Kirche, denn gefeiert werden an diesem Tag alle Heiligen. Besonders auch die, die nicht offiziell zum Kreis der Heiligen gehören, jedoch durch ihr Leben zum Vorbild wurden.
Die vielen Frauen und Männer, die im Laufe der Jahrhunderte ihren Glauben lebten und als Vorbilder verehrt wurden, sagen uns heute: Unser Ende ist nicht das Grab, sondern der Himmel, die Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott. Diese Gemeinschaft – das Ziel unseres Lebens – beginnt schon hier und jetzt.
Heilige waren und sind Menschen wie Du, wie Sie, wie ich. Menschen mit Fehlern und Schwächen, mit Sehnsüchten und Freuden, Fragen und Zweifeln.
Vielleicht denken Ihr jetzt: „Schön und gut. Die Heiligen haben ihr Ziel erreicht. Was haben sie mit mir heute zu tun ? Haben sie mir auch etwas zu sagen ?“ Es stellt sich die Frage: Wer und was sind heilige Menschen? Was ist das für eine Gemeinschaft von Heiligen, zu der wir uns im Glaubensbekenntnis bekennen ?
In dem Wort „heilig“ steckt das Wort „heil“. Heil bedeutet von der Wortwurzel her „ganz“. Heil sein, Ganzsein – hier kommt eine menschliche Grunderfahrung zur Sprache: Unser Leben, unsere Welt ist nicht heil, sie liegt in Trümmern, ist eben nicht ganz. Wir sehnen uns nach Heil, hoffen auf Heil und Heilung. Dieses Heil, das uns Menschen zutiefst heil und ganz werden lässt, kann nur von Gott kommen.
Gott hat seine Heilsgeschichte mit uns Menschen seit der Erschaffung der Welt begonnen. Sein Heilshandeln gipfelt in Jesus Christus. Er ist der End- und Höhepunkt des von Gott geschenkten Heils für alle Menschen. Jesus selbst hat Heil gebracht – der Heilige ganz und gar. Er hat Menschen geheilt und das ist der Anbruch des Gottesreiches.
In der Bergpredigt, dem Lebensprogramm Jesu, ist uns geschrieben und gesagt, was uns Menschen Heil bringt, und wie wir anderen Menschen zum Heil werden:
Selig, die keine Gewalt anwenden;
selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit;
selig, die barmherzig sind;
selig; die Frieden stiften.
Jesus selbst lebte gewaltlos, deckte ungerechte Strukturen auf, handelte barmherzig, stiftete Frieden. Anders gesagt: Jesus lebte heilend, durch sein Leben und Tun kam Heil und Heilung für die Menschen.
Heilige haben auf ihre Weise, mit ihren Möglichkeiten versucht, heilend zu leben, Heil bringend mit anderen Menschen umzugehen. Diese Haltung wurde für sie zum Lebensprogramm, zum Lebensprinzip.
Ich denke an einen Martin, der einfach teilt; an eine Elisabeth, die andere Menschen in ihrer Not nicht übersieht; an einen Franziskus, der erkennt, dass es mehr gibt als Reichtum in Hülle und Fülle; an viele unbekannte und für uns namenlose Menschen, die Licht und Wärme durch ihr Leben verschenkt haben.
Heilige sind Menschen, die das Licht, die Wärme, die Güte, die frohe Botschaft unseres Glaubens an Gott aufnehmen, und mit ihren Möglichkeiten – und seien diese noch so gering und unscheinbar – an ihre Mitmenschen weiterschenken.
Mit Jesus, dem Heiligen schlechthin, wollen alle Heiligen uns in ihre Gesellschaft mit hineinnehmen und sagen uns zu:
„Heilend seid ihr, die ihr Wunden heilt,
Trauer und Trost miteinander teilt,
Heilend seid ihr, die ihr Krüge füllt,
Hunger und Durst füreinander stillt.
Heilend seid ihr, die ihr Fesseln sprengt,
arglos und gut voneinander denkt.
Heilend seid ihr, wenn ihr Schuld verzeiht,
Stütze und Halt einander seid.“