„So bezeugt der Geist selber unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind. Sind wir aber Kinder, dann auch Erben; wir sind Erben Gottes und sind Miterben Christi, wenn wir mit ihm leiden, um mit ihm auch verherrlicht zu werden.“ (Röm 8, 14-23)
Allerseelen 2010
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
in einer Zeit, in der in den Medien das Geld und der Ruhm zu den „Glücklichmachern“ zählen, gibt es genug Menschen, die ihren Wert am Kontoauszug bemessen. Viele träumen von einem Leben, in dem bereits Kinder eine Nanny haben, die dazu da ist, zusätzlich zu den Eltern, Großeltern, Tanten und Onkeln ihre Wünsche zu erfüllen. Menschen sehnen sich danach, möglichst einfach an das große Geld zu kommen, um nicht arbeiten zu müssen, sondern nur das zu tun, was sie gerade erfreut. Und wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben, dass auch wir manchmal neidisch sind, wenn die Zeitungen, das Fernsehen oder das Internet von reichen Erbinnen und Erben berichten. Junge Erwachsene, die noch nichts geleistet haben, verfügen über ein großes Vermögen, das ihre Vorfahren erarbeitet und angesammelt haben.
Eine von diesen glücklichen Frauen ist Athina Onassis, eine Milliardenerbin. Sie ist aber nur zum kleinen Teil glücklich. Denn auch wenn sie alles haben könnte, was man mit Geld kaufen kann, gibt es in ihrem Leben einiges, was ihr fehlt: Das ist zuerst ihre Mutter, die gestorben ist, als Athina drei Jahre alt war; das ist ihr Onkel, der bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam und auch ihre Großmutter, die mit 48 Jahren aus dem Leben schied. Bei solchen Schicksaalschlägen hilft die ganze Erbschaft nichts und sie kann nicht besonders darüber hinweg trösten.
Denn in der Begegnung mit dem Tod ist jeder Mensch gleich. Und wenn er kommt, helfen uns keine menschlichen „Glücklichmacher“, kein Kontoauszug und keine Ablenkungsmanöver, die im besten Fall die Trauer aufschieben können. Im Tod helfen kein billiger Trost und kein psychotherapeutisches Versprechen, dass die Zeit die Wunden heilt. Denn der Tod ist die Begegnung mit einer anderen Welt, die wir im Leben zwar ahnen und spüren, aber nicht greifen können. Darum kann unsere Welt keine Heilmittel gegen den Tod und gegen den Schmerz danach anbieten. Darum kann diese Welt mit all ihrem Reichtum, Ruhm und mit all ihrem menschlichen Bemühen und mit den psychologischen Errungenschaften nicht richtig trösten. Da muss schon jemand anderer her, da muss schon Gott ins Spiel gebracht werden.
Gerade in den heutigen Lesungen haben wir sein Versprechen gehört. Da wir seine Kinder sind, werden wir an seiner Erbschaft Anteil bekommen. Diese Erbschaft ist nicht Milliarden schwer und sie wird auf viele aufgeteilt werden, aber sie ist der einzige Garant für das Glück. Denn sie heißt nicht, alles für sich selbst zu besitzen, sondern das Leben in der Gemeinschaft miteinander teilen. Sie heißt nicht, um das Morgen besorgt zu sein, sondern sie bedeutet die Sicherheit, dass Gott alles im Frieden vollendet. Die Erbschaft Gottes heißt ein Leben in Fülle, ein Leben, das nicht mehr bedroht, sondern von Gott getragen wird.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
wir kommen hier zusammen, weil wir unsere Verstorbenen Gott anvertrauen. Gerade da, wo wir unsere menschlichen Grenzen erleben, bitten wir ihn um seinen Beistand. Wir bitten, dass er die Grenzen, die wir sehen und spüren, sprengt: dass er den Tod unserer Angehörigen in das neue Leben verwandelt und unsere Trauer mit Hoffnung auf ein Wiedersehen füllt. Wir bitten, dass er uns spüren lässt, dass sie leben und auf uns warten, um einst in der Gemeinschaft der Heiligen, im Reich der unendlichen Liebe, vereint zu sein.
Slawomir Dadas
Pfarrer