Brief vom Papst

„An ihren Früchten also werdet ihr sie erkennen. Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt. Viele werden an jenem Tag zu mir sagen: Herr, Herr, sind wir nicht in deinem Namen als Propheten aufgetreten und haben wir nicht mit deinem Namen Dämonen ausgetrieben und mit deinem Namen viele Wunder vollbracht? Dann werde ich ihnen antworten: Ich kenne euch nicht. Weg von mir, ihr Übertreter des Gesetzes!“ (Mt 7, 20-23)

9. Sonntag im Jahreskreis

Mt 7, 20-23

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

Sie wissen: ich war in den Semesterferien in Rom. Sagen wir, dass ich dort die Gelegenheit hatte, dem Papst Benedikt persönlich zu begegnen und ihm die Sorgen und Freuden unserer Pfarre vorzubringen. Sagen wir, dass er sich darüber gefreut hatte, weil er normalerweise von der Basis nicht viel erfährt und ihn nur filtrierte Informationen erreichen. Sagen wir, diese Freude bewegte ihn, uns einen Brief zu schreiben, den ich am Freitag bekam. Den kann ich Ihnen nicht vorenthalten. Lassen wir uns darauf ein, was der „Heilige Vater“ uns zu sagen hat.

Liebe, um den Tisch des Herrn versammelte Gemeinde, Frauen, Männer, Jugendliche und Kinder, alle, die am Sonntag in der Früh nicht schlafen können, Hochwürdiger Herr Pfarrer,

Zuerst danke ich Dir für Deinen Besuch und die Zusicherung, dass alle Schäfchen deiner Pfarre sich mit mir im ungeteilten Gehorsam und in kindlicher Liebe verbunden fühlen. Was gibt es Schöneres als die Gewissheit, dass es Menschen gibt, die von einem ungefragt und unkritisch alles annehmen. Auf Deine Anliegen möchte ich jetzt kurz einzeln in väterlich-apostolischer Verbundenheit eingehen, und dadurch meiner Sorge um Euer Wohlergehen Ausdruck verleihen.

Ich freue mich aufrichtig, dass Ihr Euch für eine Pfeifenorgel entschieden habt. Auch wenn das Votum nicht einstimmig ausfiel, weil Ihr in Eurem Kreis die Anhänger von schrägen Tönen habt, bin ich sehr dankbar dafür. Denn jedes Mal, als Euer Harmonium in der Karwoche nach Rom geflogen ist, habe ich Kopfschmerzen bekommen, die ich aber gerne im Geist der Buße für Eure Sünden angenommen habe.

Dein Bericht über die hierarchische Struktur der Leitungsfunktionen in einigen Bereichen Eurer Pfarre war faszinierend und beschäftigt mich bis heute, weil ich sie nicht ganz verstanden habe. Ist es richtig, dass jeder Leiter einen Hilfsleiter und Überleiter hat, die wiederum einem Überleiter und Überseelsorger unterstellt sind? Wenn ja, dann kann das ein Vorbild sogar für unsere unüberschaubaren vatikanischen Strukturen sein.

Ich freue mich, dass Ihr die Bäume und Sträucher rund um die Kirche zurückgeschnitten habt. Denn es gab bereits Stimmen, dass der Wildwuchs eine Tarnung sei, wodurch viele den Weg in die Kirche nicht findet. Das Holz, das Du mir aus Eurem Garten als Geschenk gebracht hast, werden wir bei der nächsten Papstwahl zur Verbrennung der Stimmzettel verwenden.

Eurem Anliegen, Pfarrer heiraten zu lassen, kann ich derzeit nicht entgegen kommen. Es gibt berechtigte Befürchtungen, dass jene, die so lange in der Enthaltsamkeit lebten, versuchen würden sofort einiges nachzuholen, was zur Vernachlässigung der Seelsorge führen könnte und sicher zur Überbevölkerung der Erde beitragen würde.

Die Frage, wann die Frauen mehr in die Liturgie eingebunden werden, hängt nicht von mir ab, sondern von den vatikanischen Modedesignern, die daran arbeiten, liturgische Kleider und Schuhe zu entwickeln, die dem weiblichen Geschlecht gerecht werden können. Die größten Probleme haben wir derzeit mit der Schuhabsatzhöhe, die einerseits die Beinlänge der Liturgin unterstreichen, andererseits keine Gefahr darstellen sollte und mit dem Dekollté, das nicht vom Wesentlichen ablenken darf. Wenn diese Probleme gelöst werden, wird sich damit die päpstliche feministische Kommission unter dem Vorsitz vom Kardinal Ganzmann beschäftigen, und mir einen Vorschlag zur Approbation unterbreiten.

Deine Sorge um den Besucherschwund bei den Gottesdiensten teile ich mit. Ich bin aber nicht sicher, ob es hilft, das Niveau der Feier dem der Teilnehmer der Karlichshow anzupassen, um unser Image zu verbessern. Denn laut neuesten Untersuchungen wurden diese extra an die Ergebnisse der PISA-Studie angepasst, damit auch Menschen mitreden können, die nicht alle gesellschaftlichen Zusammenhänge verstehen. Wir sind dabei, eine eigene Show zu machen, die an solche Personen gerichtet wird. Sie sollte den Titel tragen „Pfarrer sucht Rechtgläubige“. Als Bewerber kommen Kandidatinnen und Kandidaten in Frage, die in den letzten zehn Jahren die Kirche nicht betreten haben, und trotzdem den Heiligen Geist von einer Weihnachtsgans oder das Osterlamm vom Dönerkebab unterscheiden können.

Wie Du merkst, fühle ich mich mit Euren Freuden und Sorgen verbunden. Ihr werdet verstehen, dass ältere Menschen nicht mehr so schnell im Denken und Handeln sind und dass noch einige Zeit vergeht, bis wir die meisten Probleme lösen können. Eins sollt ihr aber nicht vergessen, es lebt sich leichter, wenn man nicht alles zu ernst nimmt. Bleibt treu aber locker, dann wird euch mein Segen ständig begleiten.

Unterzeichnet:

Seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI