Sehen wir die Fastenzeit einmal als eine Zeit für Versuche und Experimente.
Eine Zeit, in der wir ausprobieren können, was wir wirklich brauchen, was wirklich notwendig zu unserem Leben gehört und was nicht so nötig ist.
Eine Zeit, in der wir ausprobieren können, was mit uns passiert, wenn wir auf das eine oder andere verzichten.
Aber Vorsicht: es könnte unser Leben verändern!
1. Fastensonntag
Sie kennen doch alle den alten Werbespot für Schokolade: „Die süßeste Versuchung …“. Das passt zu dem, was unser Sprachgebrauch aus dem Wort Versuchung gemacht hat. Versuchung, das klingt nach etwas Verlockendem, nach etwas, das sich lohnt. Der Dichter Oscar Wilde meinte: “Versuchungen sollte man nachgeben, man weiß nicht, ob sie wiederkommen“. Dazu kommt noch der Beigeschmack von einem bisschen was Verbotenem, das die Versuchung erst ausmacht. Wenn wir der Versuchung erliegen, dann übertreten wir wohl eine kleine Vorschrift, ein kleines Gebot, aber dafür wollen wir Wohlbefinden, Zufriedenheit erfahren. Welche Versuchung auch immer, geben wir ihr nach, wollen wir am Ende befriedigt sein. So nach dem Motto: wird ja noch erlaubt sein, man gönnt sich ja sonst nichts.
Aber jetzt ist Schluss damit. Jetzt ist Fastenzeit. Da gibt’s nichts mehr mit Nachgeben und Genuss, jetzt gilt es, Entsagung und Enthaltung zu üben. Im Hinterkopf bleibt das hoffnungsvolle Wissen, dass die 40 Tage keine Ewigkeit sind und daher auch vorbeigehen werden.
Allerdings, so ist Fastenzeit nicht gemeint. Nur für ein paar Wochen auf etwas zu verzichten wird zwar nicht schaden, aber es geht am Sinn vorbei. Verzicht für sich allein hat keinen Wert, das Ziel macht es aus. Und das Ziel wäre, dass wir uns bewusst werden, wie viele solcher kleiner oder größerer Versuchungen täglich auf uns einstürmen. Dass wir uns bewusst werden, wie wir in dem Regelkreis Versuchung – Nachgeben – kurz befriedigt sein gefangen sind. Das Ziel wäre, dass wir lernen, aus dem einen oder anderen Verzicht ein Viel mehr an Gewinn zu erzielen. Diese Neuausrichtung des Lebens, die soll aber dann anhalten weit über Ostern hinaus.
Die Versuchungen Jesu, wie sie das Evangelium schildert, sind ja auch viel mehr als ein kurzer Kick, als eine Wunscherfüllung für den Moment. Der Teufel lädt ihn ein, mit seiner Hilfe die Möglichkeiten der Welt zu sprengen: aus Steinen soll Brot, soll Lebensstiftendes werden, aus der menschlichen Begrenztheit endlose Freiheit, aus der politischen Ohnmacht soll Allmacht werden.
Jesus sagt ein deutliches Nein, weil er dabei sich selbst verlieren würde.
Er bleibt bei dem, was ihn als Mensch ausmacht. Er will nicht mehr, aber auch nicht weniger. Im Weglassen und Verzichten liegt der große Gewinn, die große Möglichkeit zum Wachstum – das ist die Botschaft des Evangelisten zum ersten Fastensonntag.
Die Fastenzeit lädt uns ein, den richtigen Weg wieder in den Blick zu bekommen. Unser unkonzentriertes Leben wieder auf die wirklichen Bedürfnisse konzentrieren. Sie lädt uns ein, durch Weglassen herauszufinden, ob etwas im Leben wirklich einen wichtigen Platz einnimmt.
Jedes Ding, das wir loslassen, wenn es uns festhält, macht uns frei für einen Mehrwert in unserem Leben. Es kreist nicht mehr alles nur um uns selbst, wir können drüber schauen und bekommen einen Blick für die Schöpfung, für den Nächsten, für Gott.
Versuchen wir es!