„Wir wollen euch über die Verstorbenen nicht in Unkenntnis lassen, damit ihr nicht trauert wie die anderen, die keine Hoffnung haben. Wenn Jesus – und das ist unser Glaube – gestorben und auferstanden ist, dann wird Gott durch Jesus auch die Verstorbenen zusammen mit ihm zur Herrlichkeit führen.“ (1 Thess4,13-14)
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
man kann über Halloween viel schimpfen und an diesem Neubrauchtum Kritik üben. Man kann sich z.B. aufregen, dass ein Tag eingeführt wurde, an dem scheinbar die Gewalt und die Erpressung salonfähig sind, ein Tag, an dem die Kinder außer Kontrolle geraten dürfen.
Sachlich muss man aber auch Halloween in einer Reihe von Festen sehen, die der anderen Welt gewidmet sind. Halloween – Allerheiligen – Allerseelen. Halloween war ursprünglich kein kommerzielles, sondern ein heidnisches Glaubensfest, das den Geistern – also den Wesen, die auf der anderen Seite der Todesgrenze leben – gewidmet war. Da der Mensch keinen Zugang zu dieser Welt hatte, erschien sie ihm ungeheuer und erzeugte bei ihm Unsicherheit und Angst. So waren die Beigaben, die man an diesem Tag an Arme und Kinder austeilte ein Versuch, diese Welt gütig zu stimmen. Die aufgestellten Lichter sollen den guten Geistern wieder den Weg nach Hause weisen.
Mit dem Einzug des Christentums hat dieser Tag – besonders dann im Mittelalter – eine neue Bedeutung bekommen. Die andere Welt, auf der anderen Seite der Todesgrenze war durch die Auferstehung Jesus nicht mehr furchterregend. Der Tod wurde durch Christus besiegt und seitdem bedeutet er den Moment des Übergangs zur Vollendung, zur Gemeinschaft der Heiligen bei Gott. Der Abend des 31. Oktobers wurde also zu Stunden der Besinnung und der Gebete für die von uns Geschiedenen und bei Christus Geglaubten.
Heute hat der Tag wieder die heidnische Aussage zurückerobert, wenn auch in einer neuen Form. Der Tod und die Geister werden scheinbar nicht mehr gefürchtet, sondern eher im Bereich der Faschingsfiguren dargestellt. Dafür dürfen die Kinder ein Kürbis- und ein Maskenfest feiern.
Für uns bleiben der Allerheiligen- und besonders der Allerseelentag, um an unsere Toten zu denken. Wir tun es weder mit einer peinlichen Maskerade, noch mit Angst vor der anderen Seite der Todesgrenze. Wir versammeln uns hier in der Kirche, weil wir zusätzlich zu den Blumen und Lichtern am Grab unsere Toten im Gebet als Gemeischaft Gott anvertrauen. Wir glauben nicht an einen fernen Angstmacher, der den Tod benutzt, um Menschen in die Knie zu zwingen. Wir glauben an einen nahen und beschenkenden Freund und Vater, wir glauben an einen Gott, bei dem unsere Verstorbenen die vergebende und die vollendende Liebe erfahren können. Wir glauben, dass er alle, die guten Willens sind, zur Auferstehung und zum ewigen Leben führt.
Dabei denken wir auch an unser Leben. Worauf haben wir es ausgerichtet, wo führte und führt es uns hin? Ist Gott das Ziel auf das wir hinsteuern? Gehören wir zu denen, die in der Gemeinschaft der Heiligen ankommen wollen?
Allerseelentag ist ein Tag der Besinnung. Es ist ein Tag des gegenseitigen Gebetes. Wir beten für unsere Verstorbenen, damit sie bei Gott das Leben in Fülle haben. Sie beten für uns, damit wir auf dem Weg zu Gott bleiben und einst im Reich der Auferstandenen zusammen kommen.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
auch wenn viele Menschen unserer Zeit mit dem Tod nicht viel anfangen können, und ihn entweder verdrängen oder im Bereich des Faschingsspiels feiern, kommt er zu jedem von uns und macht er uns die Tür zu den anderen Seite des Horizonts auf. Ich wünsch uns allen, dass wir voll Glauben und voll Vertrauen auf diese Tür zugehen. Ich wünsche uns, dass uns einst auf der anderen Seite der Todesgrenze Menschen mit dem Freudenruf erwarten: Schaut, er und sie kommen, gehen wir ihnen entgegen!
Slawomir Dadas
Pfarrer