„Die Wüste und das trockene Land sollen sich freuen, die Steppe soll jubeln und blühen. Sie soll prächtig blühen wie eine Lilie, jubeln soll sie, jubeln und jauchzen. Die Herrlichkeit des Libanon wird ihr geschenkt, die Pracht des Karmel und der Ebene Scharon. Man wird die Herrlichkeit des Herrn sehen, die Pracht unseres Gottes. Macht die erschlafften Hände wieder stark und die wankenden Knie wieder fest!Sagt den Verzagten: Habt Mut, fürchtet euch nicht! Seht, hier ist euer Gott!“ (Jes 35,1-4)
Predigt am 03.12.2011 Zweiter Adventsonntag-Vorabendmesse
Heute in den Lesungen werden wir aufgefordert, dem Herrn den Weg durch die Wüste zu bereiten. Der Appell der Propheten zur Umkehr zur Vergebung der Sünden ist eine durchgehende Botschaft im Advent. Ihre Botschaft ist oft unbequem und mahnend; sie legen den Finger in so manche Wunden, üben Kritik und nennen Unrecht beim Namen.
Haben wir noch Propheten nötig, die uns darauf hinweisen: „Seht da ist euer Gott“ und nicht dort wo ihr es glaubt. Braucht es noch Propheten, die uns fragen: Was sind das für Wege die ihr bereitet-sind das wirklich Wege für den Herrn?
Manchmal denke ich mir: bräuchte nicht gerade unsere Zeit solche „Jesaia und Johannes Figuren“, die schonungslos aufzeigen und den Menschen ins Gesicht sagen, was sie falsch machen? Bräuchte es nicht Menschen, die gnadenlos aufdecken, was faul und unmoralisch ist in unserer Gesellschaft? Propheten, die mit kräftigen Worten ansprechen, was es an Gräben und Abgründen zwischen den Menschen gibt, an Scheinheiligkeit und Heuchelei?
Und wenn ich so denke, mir bleibt halt auch oft die harte Kritik im Halse stecken, weil ich weiß, dass ich das, was ich bei jemandem bemängle, auch bei mir finde. Ich will deswegen nicht aufhören zu kritisieren. Ich darf und soll Kritik üben wenn es notwendig ist, aber als Ausdruck der Liebe. Nur die Liebe kann einen Menschen wirklich verwandeln. Ich muss mir darüber im klaren sein, dass ich mich damit meine und treffe. und wo die Bekehrung anfangen muss, ist dann auch klar.
Der zweite Gedanke, den ich ihnen noch sagen möchte ist der Begriff der Wüste. Die Wüste ist für uns heute ein Bild für unser Daseinsgefühl. Mit Wüste wird unser Seelenzustand beschrieben. Wir sprechen von der Wüste in den menschlichen Herzen, wenn alles leer geworden ist. Wüste ist ein Bild für die Einsamkeit, für das Alleingelassen werden für Sinnlosigkeit, vertrocknet, ausgedörrt sein. Die Wüste ist ein Ort, an dem wir schonungslos mit uns und unserer widerwärtigen Wirklichkeit konfrontiert werden.
In dieser Wüste unseres Herzens sollen wir dem Herrn den Weg bereiten. Um den Weg für den Herrn bahnen zu können, müssen wir uns zuerst einmal hinauswagen in die eigene Wüste. Wir müssen all das Verdrängte, das Unterdrückte, das Schattenhafte in uns anschauen und Gott hinhalten. Gerade dort will er zu uns kommen, nicht auf den Straßen unseres Erfolges und unserer Leistungen. Wir möchten Gott gerne außerhalb von uns begegnen, aber Gott will uns gerade in unserer Wüste entgegenkommen. Dort will er uns antreffen, um mit uns eins zu werden und alles in uns zu verwandeln. Nur wenn wir Gott in unsere Wüste hineinlassen, kann Wirklichkeit werden, was Jesaia uns verheißt: „In der Wüste brechen Quellen hervor. Der glühende Sand wird zum Teich und das durstige Land zu sprudelnden Quellen“ Jes 35, 6
Mitten in unserer Wüste werden Quellen hervorbrechen, aber sie wird bleiben. Wir werden um die Quellen herum immer wieder in die eigene Wüste geraten und mit unserer inneren Leere konfrontiert.
Der Advent verheißt uns, unsere Wüste zu verwandeln, dass sie zu blühen beginnt. in unsere Wüste werden wir Quellen finden, aus der wir trinken können.
So wünsche ich Dir, das Du in der Adventszeit den Mut aufbringst, in deine Wüste hineinzugehen, das Du dort erfahren darfst, dass Dir Gott nahe ist, dass er Dich auf seinen Händen trägt. Dass er Dir die Augen öffnet, damit du die Quellen entdeckst, die deine Wüste erblühen lassen. Ich wünsche Dir, dass du mitten in deiner Wüste Gott selbst erfährst als den, der auf Dich wartet, um mit Dir eins zu werden und in Dir zu wohnen.
Niko Tomic
Kaplan