Jesus – der göttliche Archäologe

 „Wie willkommen sind auf den Bergen die Schritte des Freudenboten, der Frieden ankündigt, der eine frohe Botschaft bringt und Rettung verheißt, der zu Zion sagt: Dein Gott ist König. Horch, deine Wächter erheben die Stimme, sie beginnen alle zu jubeln. Denn sie sehen mit eigenen Augen, wie der Herr nach Zion zurückkehrt. Brecht in Jubel aus, jauchzt alle zusammen, ihr Trümmer Jerusalems! Denn der Herr tröstet sein Volk, er erlöst Jerusalem. Der Herr macht seinen heiligen Arm frei vor den Augen aller Völker. Alle Enden der Erde sehen das Heil unseres Gottes.“ (Jes 52, 7-10)

Predigt am 25. Dezember

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

Sie kennen den Beruf des Archäologen. Wenn Sie bereits durch Griechenland oder Ägypten gereist sind oder die alten Städte wie Rom oder Konstantinopel besucht haben, dann waren Sie sicher froh, dass es ihn gibt. Denn Sie haben dort einiges sehen können, was ohne Archäologen nicht möglich gewesen wäre. Der Beruf wird von Menschen ausgeübt, die eine Vorliebe zur Geschichte haben, zur Entdeckung und Bewahrung der alten Kulturen und der vergessenen Traditionen. Wenn man sich die konkrete Arbeit solcher Menschen anschaut, dann kann man entweder voller Bewunderung für sie sein oder man wird sie voller Unverständnis für Spinner halten. Denn die ständige Suche nach einem möglichen Fund, die monatelangen Ausgrabungen und die Entstaubung von den Resten einer Kultur kann man fast nur in diesen beiden Kategorien sehen. Archäologen werden vom starken Glauben getrieben, etwas zu finden, was ihrer Meinung nach unbedingt erhaltenswürdig ist und auf die Oberfläche der Erde gehört. Sie glauben an verborgene Schätze.

Und darin – ob Sie es glauben oder nicht, sehe ich eine Parallele zu Weihnachten. Denn Weihnachten ist das Fest, an dem Gott sozusagen als Archäologe auf die Welt kommt, um die alten Schätze der Menschheit auszugraben. Ich weiß, dass ich mit einem solchen Vergleich die Romantik dieses Festes in den Hintergrund schiebe, aber ich glaube, dass es gerade heute wichtiger denn je ist, auf das Wesentliche hinzuweisen, es wieder in den Vordergrund zu stellen.

Die Geburt Christi hatte eine Ursache. Der Mensch entfernte sich durch Jahrtausende vom Plan Gottes, eine friedliche, gewaltfreie Welt aufzubauen. Die Reste von diesem Traum des Schöpfers vermutete man hier und dort: in den Zehn Geboten, in den Schriften des Alten Testamentes, in den Prophezeiungen über den Messias, der einmal kommen sollte, um die Menschheit zu erlösen. Vieles von dem wurde bereits verstaubt und verschüttet. Aus dem göttlichen Willen wurden im Laufe der Zeit menschliche Gesetze gemacht, z. B. statt: Du sollst den Tag des Herrn heiligen, Du sollst am Tag des Herrn nichts tun; oder statt: Du sollst deines Nächsten Gut und deines Nächsten Frau nicht begehren, Jedes Mittel ist recht um alles zu haben, was dein Nachbar hat.

Der göttliche Plan, nach dem alle im Frieden leben könnten, wurde verstaubt und durch den Sand der Zeit verschüttet.

Darum war es notwendig, Jesus den göttlichen Archäologen in die Welt zu schicken. Er, der wahre Gott kam zu den Menschen, um auszugraben, was bereits vergessen wurde. Er kam mit der Vorliebe zu seinem paradiesischen Plan, Menschen bereits hier auf der Erde, einen Vorgeschmack des Himmels erleben zu lassen und sie für die ewigen Güter vorzubereiten. Er kam mit dem wiederkehrenden Angebot, dass wir zu seiner Familie gehören, dass er unser Freund sein will, mit uns solidarisch, damit unser Leben die göttliche Würde zurückgewinnen kann.

Gott ist Mensch geworden, damit unsere Welt ein wenig göttlicher wird. Jesus wird geboren, damit die alte Zusage Gottes vom Leben in Fülle nicht länger vergraben bleibt, sondern wieder einmal die Oberfläche der Erde erblickt. Zu Weihnachten entfernt Jesus Tonnen von Schutt und Stein, um seine Idee vom Leben in Liebe und in Frieden ohne Drang nach Macht und nach Glanz wieder neu zu entdecken.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

die archäologische Arbeit Gottes in Bethlehem war ein Meisterwerk. Noch zwei Tausend Jahre danach wissen wir von dem großen göttlichen Erbe, das damals das Licht der Welt erblickte. Sein Wille wurde seit der Geburt Jesu nicht mehr vergraben, auch wenn es immer wieder Versuche gibt, ihn aus dem öffentlichen Leben zu verdrängen. Seit Bethlehem wissen wir also, dass Gott den Menschen nicht aufgegeben hat, wir wissen, dass er uns liebt, wir wissen, dass er uns glücklich und erfüllt sehen will.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie sich an diesem Wissen erfreuen können. Ich wünsche Ihnen, dass am Fest der Geburt Christi auch Ihr Glaube an die alte Zusage Gottes gestärkt wird: Jesus wurde geboren und dadurch sind wir gerettet, weil der vergrabene Zugang zu Gott freigelegt wurde.

Slawomir Dadas
Pfarrer