Retter der Welt aus Amerika, aus Europa, aus Bethlehem?

„Das Volk, das im Dunkel lebt,sieht ein helles Licht; über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf. Du erregst lauten Jubel und schenkst große Freude. Man freut sich in deiner Nähe, wie man sich freut bei der Ernte, wie man jubelt, wenn Beute verteilt wird. Denn wie am Tag von Midian zerbrichst du das drückende Joch, das Tragholz auf unserer Schulter und den Stock des Treibers.“ (Jes 9, 1-3)

Predigt in der Christmette

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

seit mehreren Jahren retten die Politik und die Wirtschaft die Welt. Sie werden mir verzeihen, wenn ich die Rettungsversuche sehr verkürzt und pauschal darstelle und mich nur auf zwei Punkte konzentriere.

Zuerst geht es um die Rettung der Welt vor dem Terror. Sie begann bereits in den 80-er Jahren und äußerte sich besonders dadurch, dass im Nahen Osten die amerikanischen oder die internationalen Truppen, den einen oder den anderen Krieg angezettelt haben. Nach Jahrzehnten und Tausenden Toten sind die Soldaten zum Teil abgezogen. Ob die Welt dadurch sicherer und friedlicher wurde, überlasse ich Ihrem Urteil.

Der zweite Bereich betrifft die seit ca. fünf Jahren andauernde Finanz– und Wirtschaftskrise. Die Spekulationen bei den Immobilien und Wirtschaftskonzernen führten zum Zusammenbruch großer Banken und folglich zu Produktionssenkungen und Arbeitslosigkeit in der Realwirtschaft. Die Rettungsversuche auf diesem Gebiet heißen Finanzspritzen und zielen auf die Unterstützung derer, die spekuliert und versagt haben.

Krieg und Geld als Lösungsvorschläge für die Probleme unserer Zeit. Krieg und Geld – das Gegenteil von Weihnachten als Rettung unserer Welt.

Aber gerade heute in der Heiligen Nacht wird uns mehr bewusst als sonst, wie daneben die Rettungsversuche der „Großen dieser Welt“ sein können. Die Heilige Nacht führt uns vor Augen, wie weit sich viele Menschen vom göttlichen Plan entfernt haben. Denn Krieg und Geld bedeuten vor allem Zerstörung, aber nicht den Frieden und nicht die Sicherheit. Krieg und Geld können dem Menschen nicht das gewünschte Gefühl der Geborgenheit und des dauerhaften Glücks geben.

Oder glauben Sie, dass das Volk im Irak oder in Afghanistan ein helles Licht erblickte, als die ersten amerikanischen Panzer über ihre Grenze hineingefahren sind? Oder erregte Sie persönlich ein starker Jubel, als Sie hörten, dass über hundert Milliarden Euro für die Rettung der gemeinsamen Währung aufgebracht werden müssen? Ich glaube nicht und ich weiß, dass die Rettung der Welt nicht in Washington, nicht in Berlin und nicht in Paris gesucht werden soll.

Der wahre Retter kommt aus Bethlehem.

Er kommt nicht, um die Diktatoren zu stürzen oder kranke Systeme zu unterstützen. Er kommt, um die Herzen von Menschen Guten Willens zu erreichen. Er kommt mit der Absicht, einige für seine Vorstellung von der Welt zu begeistern; seiner Vorstellung, in der nicht die Macht und das Geld, sondern das wehrlose Kind im Mittelpunkt steht.

Und das ist die Rettung der Welt. Sie scheint nicht besonders spektakulär zu sein, aber sie ist die einzige, die den dauerhaften Erfolg garantiert. Denn sie macht den Menschen auf das Wesentliche – auf das Leben an sich – aufmerksam. Gott kommt, um zu zeigen, dass das Leben an sich ein so hoher Wert ist, der durch nichts – weder durch Macht, noch durch Geld – geschmückt werden muss. Er kommt, damit wir wieder zum Leben finden und die verlorene Würde nirgendwo als in der Menschlichkeit suchen. Er kommt, um den Menschen die Kraft zu schenken, um sich von der Gottlosigkeit und den Begierden loszusagen, um das Leben aus dem Frieden, aus der Versöhnung – also aus der Liebe – zu gestalten.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

wollen Sie, dass die Welt gerettet wird? Dann glauben Sie nicht denen, die erzählen, dass sie noch ein paar gefährliche Typen töten müssen, um den Frieden zu erreichen. Dann glauben Sie auch nicht denen, die vor Weihnachten zu noch mehr Konsum aufrufen, weil der Konsum die Konjunktur beleben und diese wiederum der Wirtschaft optimistische Aufwärtsimpulse geben sollte.

Wenn Sie die Welt retten wollen, dann glauben Sie nur dem, der sagt, dass das Leben allein genügt. Dann glauben Sie nur dem, der Sie als eigenes Kind annimmt, und Sie mit dem inneren Frieden und mit der Zufriedenheit beschenken möchte. Wenn Sie die Welt retten wollen, dann glauben Sie an Gott, der Mensch wurde, um die menschliche Welt ein wenig göttlicher zu machen.

Slawomir Dadas
Pfarrer