„Was sucht ihr?“. Das sind die ersten Worte Jesu im Johannesevangelium. Zwei Jünger Johannes des Täufers waren, nachdem ihr Lehrer sie auf Jesus hingewiesen hat, interessiert an ihm. Jesus merkt das, geht auf sie zu und fragt: „was sucht ihr?“
So genau werden sie das wohl selbst nicht gewusst haben.
Aber sie antworten. Sie fragen zurück: „wo wohnst du?“, und sie fragen damit sicher nicht nach einer konkreten Adresse, sondern sie wollen damit vieles, ja alles auf einmal wissen: wo kommst du her, wo gehst du hin, was sind deine Absichten, was ist deine Hoffnung, deine Träume, worauf vertraust du? Wer bist du wirklich, wer bist du im Innersten?
Auf so eine Frage hin würden die meisten Menschen nicht mehr aufhören zu reden, und dabei wahrscheinlich nicht ein Wort über sich selbst verlieren. Jesus redet nicht viel, er sagt: „kommt und seht“. Und die beiden kamen und blieben, den Rest des Tages und ihr ganzes Leben. Nach wenigen Stunden wussten sie, wonach sie gesucht hatten und sie wussten, dass sie es gefunden haben.
Wir haben heute oft das Gefühl, Gott wäre abwesend. Selbst wir, die wir hier versammelt sind, Christen des inneren Kreises sozusagen, fühlen oft schmerzlich, Gott nicht mehr, oder jedenfalls viel zu wenig erfahren zu können.
Dabei ist unsere Welt voll von Gottsuchern. Atheisten, die sich der Rationalität verpflichtet haben und doch, und vielleicht mehr noch wie die Glaubenden, nach der Wahrheit suchen. Agnostiker, die nicht an Gott glauben, weil man ihn nicht beweisen kann, aber gerade deshalb seine Existenz nicht in Abrede stellen. Esoteriker, die in allem und jedem glauben, Erlösung und Hilfe zu finden, es aber nicht Gott nennen können.
Trotzdem: Gott ist abwesend für so viele Menschen. Er ist abwesend, weil zuwenig nach ihm gefragt wird. Weil er zu wenig gefragt ist. Und noch viel mehr, weil nicht auf ihn gehört wird. Weil er vielleicht nicht mehr gehört werden kann. Tatsache ist, dass da, wo Gott nicht gesucht wird, wo er nicht gefragt wird, wo er nicht gefragt ist, dass er sich da den Menschen entzieht.
Jesus läuft ja leider heute nicht mehr so einfach herum, dass er von Angesicht zu Angesicht gefragt werden könnte: wo wohnst du?
Aber wir! Wir sind da. Wir sind da und wir müssen so offen sein wie Jesus, die Erwartung des Nächsten zu erkennen und selber fragen: was suchst du?
Und dann auch bereit und offen zu sein, um sagen zu können: komm und sieh.
In etwa zwei Monaten sind Pfarrgemeinderatswahlen. Da werden 31 Frauen und Männer aus unserer Gemeinde bestimmt, die Geschicke der Pfarre mit zu leiten. Die Tätigkeit eines Pfarrgemeinderates erschöpft sich ganz sicher nicht in ein paar Sitzungen, in gescheiten Diskussionen und Abstimmungen. Als Pfarrgemeinderat soll, muss man hinhören, muss man sich trauen, auf andere zuzugehen, und muss allenfalls bereit sein zu diesem „komm und sieh“. Ich bitte sie, ernsthaft zu überlegen, sich selbst für dieses Amt zur Verfügung zu stellen, beziehungsweise denen, die das tun, ihren Respekt und ihre Unterstützung zukommen zu lassen.
Aber 31 Leute in einer Pfarre von 7000 Katholiken werden das wohl nicht allein stemmen können. Da sind auch wir alle, die nicht gewählt werden oder nicht gewählt werden wollen, aufgefordert. Wir alle, die hier mehr oder weniger jeden Sonntag zusammenkommen und die Gemeinschaft mit Jesus feiern. Wir alle, gewählt oder nicht, müssen bereit sein, zuzugehen auf den anderen, und bereit sein für das Bekenntnis: komm und sieh.