Wenn Gott zum Trainer wird

„Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zu mir führt; und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag. Bei den Propheten heißt es: Und alle werden Schüler Gottes sein. Jeder, der auf den Vater hört und seine Lehre annimmt, wird zu mir kommen.“ (Joh 6,44-45)

 

 

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

London ist in diesem Sommer zumindest für einige Wochen zum Zentrum der Welt geworden. Die Sportler aus allen Kontinenten kamen zusammen, um sich nach dem olympischen Gedanken fair und in Freundschaft mit ihres gleichen zu messen. Viele der Athleten erhofften sich dadurch den Ruhm, die Absicherung der Existenz, den Eintrag in die Geschichtsbücher. Für viele ist das die Erfüllung des Lebenstraums, für den sie lange und hart gearbeitet haben. Denn mit ein wenig Glück kann die eine oder der andere zum Helden der Nation werden, zum Menschen, dessen Gesicht auf den Plakaten und in gut bezahlten Werbespots die Erfolgsgeschichten einiger Firmen garantieren sollte. Wer sich bei dieser Thematik auskennt, der weiß, dass hinter jedem einzelnen Sportler eine ganze Crew und besonders ein erfolgreicher Trainer stehen. Vielleicht haben Sie die einzelnen Wettkämpfe gesehen und bemerkten, dass fast nach jedem Sprung und fast nach jedem Wurf die Athleten zu einem im Hintergrund stehenden Menschen laufen, um sich die Tipps für den weitere Bewerb zu holen. Die Coachingpausen, in denen eine kurze Absprache zwischen Trainer und Sportler möglich ist, gehören selbstverständlich dazu. Ein Trainer ist eine Vertrauensperson, ein Lehrer, der das Wohl des Sportlers will.

Die heutigen Lesungen wurden nicht aufgrund des Abschlusses der olympischen Spiele ausgesucht, aber sie behandeln eine ähnliche Thematik. Sie sprechen von einem Meister und von dem Aufruf, seine Schützlinge – seine Schüler und Nachahmer – zu sein. Die Disziplin, die dort angesprochen wird, ist keine olympische Disziplin, aber sie betrifft jeden, denn sie heißt „Leben“. Jeder, der darin Erfolge erzielen will, muss es trainieren. Niemand ist darin automatisch ein Meister. Ob jemand darin gut ist, erkennt man an seiner Fähigkeit, gütig und barmherzig zu sein, fähig zu vergeben und den Nächsten zu lieben. Das falsche Training führt wiederum zu jeder Art von Bitterkeit, zur Wut, zum Zorn, zum Geschrei und zur Lästerung.

Der Lohn für das harte Training im Sinn des Meisters ist nicht ein Stück Metall mit einer Geldprämie, sondern das ewige Leben mit Christus, mit dem Verherrlichten.

Jedes Leben ist von Gott gewollt aber nicht jedes wird von den Menschen gut gestaltet, gut trainiert. Einige leben wie die Hobbyspieler, einige vertrauen den falschen „Lebenstrainern“, die schnelle Erfolge versprechen. Wie im Sport, so im Leben: Ob jemand gut gewesen ist oder nicht, entscheidet nicht das eigene Gefühl und auch nicht die Überzeugung, ein wenig besser als der Nachbar zu sein. Über den Lebenserfolg entscheiden die harten, messbaren Fakten. Die Messeinheiten heißen zwar nicht Sekunden und Zentimeter, sondern die unermessliche Liebe, die sich nach der Liebe Jesu orientieren muss.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

im Sport findet man viele Bilder, die sich auf das Glaubensleben übertragen lassen und helfen, den Willen Gottes zu verstehen. Wir sind wie Sportler, die dem Ziel entgegenlaufen, Gott unser Meister ist wie der Trainer, der hinter uns steht, der sich bei Erfolgen mit uns freut und bei Misserfolgen mit uns leidet, der da ist, um uns auf Kurs zu halten. Ich hoffe, dass wir uns seiner Führung anvertrauen.

Ich wünsche uns, dass wir den Lebenskampf als ein bewusstes Bemühen um den ewigen Siegeskranz aufnehmen. Ich wünsche uns, dass wir uns von Gott die Tipps geben lassen, die uns zum Sieg – also zu einem Leben in Liebe – führen, um sicher ans Ziel unserer Träume zu gelangen.

Slawomir Dadas

Pfarrer