Liebe Kinder liebe Jugendliche, liebe Schwestern und Brüder!
Ich gehöre nicht mehr zu der Jugend aber werde trotzdem versuchen als ein Junggebliebener zu predigen.
„Ihr seid die Zukunft der Kirche“: Bis heute erstaunt mich diese Aussage, ob sie nun vom Papst oder von jemandem anderen kommt. Es hat einige Zeit gebraucht, bis ich sie verstanden hatte. Zum einem kann diese Aussage ganz banal verstanden werden: na klar, die jungen Menschen werden die sein, die in Zukunft die Kirche zu tragen haben. Doch dann mischte sich immer mehr der Gedanke ein: Aber wo sind sie? Gleich nach der Firmung sind die Jugendlichen nicht mehr auffindbar im Leben der Gemeinde.
Aber immer mehr geht mir auf, dass diese Aussage auch ganz anders gedeutet werden kann, und dann ist sie in der Tat sehr wichtig. Die Jugendlichen sind die Zukunft der Kirche, weil man an ihrem Glauben und ihrer praktischen christlichen Existenz ablesen können wird, wie Kirche sein wird. Die jungen Menschen bezeugen also durch ihre Gestaltung des Christ-seins eine Vision des Geistes Gottes von der Kirche von Morgen.
Dann bräuchten wir also nur genau hinzuschauen und wahrzunehmen und zu würdigen, in welche Richtung der christliche Glaubensweg der jungen Menschen sich entfaltet, um herauszubekommen, welche Perspektiven sich für das Kirche-sein ergeben.
Da fällt zunächst eine durchgehende Erfahrung auf. Offensichtlich kann die überwältigende Mehrheit der jungen Christen mit der uns bekannten Wirklichkeit der Ortsgemeinden nur wenig anfangen. Sollte es also nicht an den Pfarren und an den Gemeinden liegen, dass die Eucharistiefeiern von jüngeren Menschen nicht geschätzt werden? Wie kann es sein, dass die meisten jungen Christen/Christinen mit der zentralen Feier des Glaubens nicht viel anfangen können? Laut Ergebnisse einer Umfrage unter jungen Christen, bedeutet das „kirchliche Leben“ vor Ort den jungen Menschen wenig bis gar nichts- Ausnahmen bestätigen die Regel.
Nehme ich nun die Aussage „Ihr seid die Zukunft der Kirche“ ernst, dann sagt mir diese erste Beobachtung viel über die Zukunft der Kirche. Es lässt sich deutlich erkennen, dass die bisher so bewahrte Gestalt der Ortsgemeinde in einer Krise steht. Nirgendswo ist das so deutlich wie in der Eucharistiefeier. Und das liegt eben nicht zuerst an der Gestaltung dieser Feier wie man heute so denkt, sondern eher an der besonderen Glaubenssituation der jungen Menschen.
Sie sind in der Regel Suchende, Getaufte, die noch keine oder nur sehr wenig Erfahrungen mit dem Gott Jesu Christi gemacht haben. Sie sind werdende Christen/Christinen.
Und sie sind so ehrlich, es zu sein. Die Jugendlichen, die nicht mehr durch gewachsene Traditionen geprägt sind, leben diesen Status unbefangen aus. Und da wird die Kluft deutlich. Die Ortsgemeinden setzen weithin das traditionelle und geprägte Christ-sein voraus, in das Kinder und Jugendliche nur noch hinein wachsen müssten. Doch diese Sozialisation funktioniert so einfach nicht mehr.
Jugendlichen wird oft vorgeworfen, materialistisch, oberflächlich, Spaß orientiert, egoistisch zu sein; Jugend ist faul, Jugend ist politisch uninteressiert, Jugend hat kein Interesse an einer kirchlichen Gemeinschaft usw. Es ist gar nicht wahr. In Wahrheit hungern die junge Menschen aber nach Spiritualität und suchen nach Antworten auf existenzielle Lebensfragen und Glaubensfragen. Und genau in Glaubensfragen sind junge Menschen oft sehr allein gelassen. Sie begegnen vielen Erwachsenen, die sich ihren eigenen Glauben zurecht gestrickt haben, vielen, denen der christliche Glaube nicht mehr so wichtig ist. Aber kaum jemandem, der ihnen ein Vorbild, ein Wegbegleiter ist. Eher heißt es: „Das musst du selbst entscheiden.“ Diese Aussage hat etwas Wahres. Keine Frage, dass jeder und jede seinen persönlichen Weg im Glauben gehen muss. Aber dort, wo mit dieser Aussage auch Orientierung an gelebtem Glauben verweigert wird, reicht es nicht.
Ich möchte diese Predigt mit einem Gebet zu schließen. Vielleicht ist es ja ein Gebet, wo Du sagen kannst: Ja, das passt zu mir, so ähnlich geht’s mir auch: Bitte Gott, wenn es dich gibt, dann hilf mir, an dich zu glauben. Zeige mir irgendwie, dass du erfahrbar bist. Vielleicht heute, wo ich schon mal in der Kirche bin. Mir fällt es manchmal schwer zu glauben, aber wenn das wirklich stimmt, dann möchte ich es auch erleben. Gott, ich möchte gern mehr mit dir erleben, aber ich habe Angst, dass ich mich dann verändern muss. Bitte, zeig mir einen Weg, den ich gehen kann mit dir. Ich weiß ja, ich brauche dich. Amen