„Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig. Sie ereifert sich nicht, sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf. Sie handelt nicht ungehörig, sucht nicht ihren Vorteil, lässt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach. Sie freut sich nicht über das Unrecht, sondern freut sich an der Wahrheit. Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf.“ (1 Kor 13,4-8)
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
die Gentechnik erobert langsam die meisten Bereiche des Lebens. Neben vielen Unbekannten, die durch die Erbgutveränderung der Pflanzen und Tiere auf uns zukommen, gibt es einige scheinbare Vorteile, die sie mit sich bringen sollte. Dazu gehören die Resistenz und die Ertragssteigerung der behandelten Objekte. Es wird behauptet, dass die Pflanzen so verändert werden können, dass sie zum Teil Gift gegen bestimmte Schädlinge produzieren und natürlich prozentuell mehr Gewinn bringen. Es ist interessant, dass es im Bereich der genetischen Veränderung in der Botanik einen großen Wiederstand gibt, aber bei den genetischen Versuchen am Menschen nicht. Die ersten werden mit Gefahren begründet, die anderen mit Vorteilen, mit der Möglichkeit das Leben zu verlängern, Krankheiten zu bekämpfen.
Weil es so ist, habe ich ein wenig über die möglichen Vorteile eines genetisch veränderten Menschen nachgedacht, und das speziell im Zusammenhang mit der Ehe.
Bei männlichen Wesen könnte das Gen des Vergessens der Geburts- oder Hochzeitstage oder das Gen der Liebe zum Fußball oder zur Formel I verändert werden. Durch diese Modifikation wäre ein solches Wesen einfühlsam, es hätte nur noch die Lust auf Heimatfilme und Liebesromane und es würde natürlich zu jedem besonderen Anlass das Frühstück an das Bett der Frau bringen.
Bei den weiblichen Wesen wäre es vielleicht wichtig, das Gen der Redebedürftigkeit und das Gen der Unentschlossenheit beim Shoppen ein wenig zu verändern. Danach könnte man mit einem solchen Wesen fernsehen, ohne dabei zu reden oder einkaufen gehen, ohne dabei Angst haben zu müssen, dass die fünfzehnte Bluse noch immer nicht passt.
Aber im Grunde genommen habe ich mich auch gefragt, ob Sie, geschätzte Ehejubilare, echt sind, oder vielleicht – ohne dass Sie es wissen – schon genmanipuliert. Wenn man daran denkt, dass ca. 40% der Ehen geschieden werden, dann darf man sich fragen, welche Gene Sie im Vergleich zu den anderen besitzen, dass wir hier miteinander feiern können?
Das erste Gen, das eine Voraussetzung für ein glückliches gemeinsames Leben ist, ist das Gen der Fähigkeit, sich gegenseitig zu beschenken. Der Mensch ist keine Ware, die man nach eigenen Bedürfnissen aussucht und im Laufe der Zeit wieder nach eigenen Bedürfnissen aufrüstet, sondern ein Geschenk. Der Mensch will spüren, dass er mit seiner Persönlichkeit als jemand besonderer angenommen wird und als solcher leben und lieben darf. Der Mensch braucht die Möglichkeit, sich zu verschenken, Freude zu machen und nicht nur Wünsche eines anderen zu erfüllen. Das Glück ist dort zu Hause, wo Menschen sich gegenseitig als Geschenk betrachten.
Das zweite Gen, das Sie von vielen unserer Gesellschaft unterscheidet, ist das Gen der Bereitschaft zur Gemeinschaft und dadurch zu Kompromissen. Zwei Egoisten können keine dauerhafte Ehe eingehen. Dort, wo der Mensch nur den eigenen Vorteil sucht, dort, wo er mit dem Gefühl lebt, selbst immer zu kurz zu kommen, kann eine Beziehung nicht halten. In einer Gemeinschaft nimmt man Rücksicht aufeinander, man schaut, dass es darin allen gut geht, dass niemand alles und niemand nichts hat.
Liebe Ehejubilare,
man kann die Beziehungen nicht dadurch retten, dass man die Menschen genetisch verändert. Man muss aber schon einiges in den Genen haben, um in einer Beziehung glücklich sein zu können. Sie bekommen von uns heute einen Rosenstock – ich hoffe, er ist nicht gentechnisch behandelt. Jede von den Rosen ist ein wenig anders – einzigartig, besonders schön und dadurch ihrer Beziehung ähnlich. Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem Jubiläum und wünsche Ihnen, dass Sie nicht an die Machbarkeit des Lebens und der Ehe, sondern an das Geschenk der Liebe glauben. Ich wünsche Ihnen, dass der heutige Tag Ihre Liebe stärkt und Ihnen wieder einmal bewusst macht: Wenn das „WIR“ im Mittelpunkt der Beziehung steht, dann wird das „ICH“ nicht zu kurzkommen und glücklich sein können, auch ohne gentechnische Veränderungen.
Slawomir Dadas
Pfarrer
Ein Gedanke zu „Die Gentechnik und die glückliche Ehe“
Lieber Slawomir,
danke für die sicherlich ernst gemeinten gentechnischen Voraussetzungen, die für eine erfüllte Zweisamkeit nützlich sind. Allerdings ist die Rollenverteilung vielleicht doch nicht mehr ganz so, speziell was das Shoppen betrifft.
Aber die Liebe hält alles aus.
Greti
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