Pass auf – der Engel der Wachsamkeit

predigt2„Denn wie es in den Tagen des Noach war, so wird es bei der Ankunft des Menschensohnes sein. Wie die Menschen in den Tagen vor der Flut aßen und tranken und heirateten, bis zu dem Tag, an dem Noach in die Arche ging, und nichts ahnten, bis die Flut hereinbrach und alle wegraffte, so wird es auch bei der Ankunft des Menschensohnes sein. Dann wird von zwei Männern, die auf dem Feld arbeiten, einer mitgenommen und einer zurückgelassen. Und von zwei Frauen, die mit derselben Mühle mahlen, wird eine mitgenommen und eine zurückgelassen. Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommt.“ (Mt 24, 37-42)

 

 

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

jede und jeder von uns wurde im Laufe des Lebens schon öfters mit dem Ruf „Pass auf!“ gewarnt oder auf eine Gefahr aufmerksam gemacht. Manchmal war das vielleicht im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr, als wir ein kommendes Auto übersehen haben; oder im Haushalt, als wir beim gut gemeinten Aufräumen die alte Porzellan- oder Kristallvase fast zum Sturz gebracht hätten; oder beim Kirschenpflücken, als die Leiter zu wackeln begonnen hat. „Pass auf!“ wird ausgesprochen in solchen Momenten, bei denen wir das Gefühl haben, dass die Aufmerksamkeit einer Person beeinträchtigt ist und dadurch ein Schaden entstehen könnte. In der Regel ist eine solche Warnung gut gemeint, nicht als Vorwurf, sondern als Schutz und deshalb kann man dankbar sein, wenn man gewarnt wird.

Wenn aber mit der Warnung eine Verurteilung verbunden wird „Dich kann man nicht alleine lassen“, „Du bist immer so ungeschickt“ dann ist in den meisten Fällen auch die betroffene Person nicht bereit zuzugeben, dass sie sich selbst, jemand anderen oder etwas in Gefahr gebracht hatte, und beginnt mit den Ausreden: „Ich habe ihn gesehen.“, „Du brauchst keine Angst zu haben, es wäre nichts passiert.“, „Mach dir keine Sorgen, ich habe alles unter Kontrolle!“.

Der Advent ist eine Zeit des Aufrufs zur Wachsamkeit. Die heutigen Lesungen könnten wir folgendermaßen umschreiben: Pass auf! der Menschensohn kommt. Pass auf! Schieb dein normales Leben; das Essen, das Trinken, den Streit und die Eifersucht auf die Seite, damit du für ihn einen Platz vorbereiten kannst, damit du ihn nicht übersieht; wie schon viele Menschen zur Zeit von Noach und viele Menschen im Laufe der Geschichte, die nur mit Geldverdienen, nur mit Machtabsichern beschäftigt waren. Pass auf, dass Du die Stunde deines Heils richtig erkennst!

All das ist eine Warnung, um uns darauf aufmerksam zu machen, dass im Leben mit Gott etwas zerbrechen und kaputt gehen kann. Es ist kein Vorwurf, sondern ein gut gemeinter Hinweis darauf, dass das Leben mit Gott schon jetzt beginnen soll, dass seine Gnade schon jetzt für uns bereit steht.

Mit dieser Botschaft werden wir immer wieder konfrontiert. Wir erfahren sie nicht nur im Advent, sondern zur verschiedenen Zeit und in verschiedenen Lebenssituationen. Manchmal ist das ein Kind, das einfach glaubt und vertraut und uns dadurch ein Vorbild des Glaubens und Vertrauens sein kann. Manchmal eine ältere Person, die aus ihrer langen Erfahrung uns vorlebt, was wirklich wesentlich ist und worauf man verzichten soll. Manchmal ist das ein Nachbar, der aufgrund eines Todesfalles erfahren hat, dass es Momente gibt, in denen nur Gott helfen kann. Und manchmal ist das eine Arbeitskollegin, der durch die Geburt ihres Kindes bewusst wurde, dass sie es dem Kind schuldig ist, den Weg zu Gott zu ebnen und dadurch sich selbst auf den Weg mit ihm zu machen. Manchmal ist es aber auch die Stille, in der wir erkennen, was uns zum Heil führt und was uns davon trennt.

All das und noch viel mehr sind die Botschafter Gottes, die Engel, die unsere Wachsamkeit schärfen. Sie sind die stillen Rufe „Pass auf, dass du so lebst, dass du jeder Zeit Gott begegnen kannst; mit freiem und mit reinem Herzen. Pass auf, dass du dich nicht ablenken lässt, von dem was für dein Leben wesentlich ist und dich zum Heil führt.“

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

die wachsamen Menschen leben sicherer und ersparen sich viele Sorgen und Nöte. Die wachsamen Menschen üben sich in der Unterscheidung, was gut und heil und was gefährlich für sie als ganze Menschen ist. Ich wünsche uns allen, dass wir wachsame Menschen werden. Ich wünsche uns, dass wir den Engel der Wachsamkeit in verschiedenen Lebenssituationen erkennen und uns von ihm warnen lassen, um schon jetzt das Heil Gottes und seinen Schutz zu erfahren.

Slawomir Dadas