Ein „gesegnetes und frohes Weihnachtsfest“ werden wir in diesen Tagen oft hören.
Wir werden selber diesen Wunsch immer wieder anderen weitersagen, Menschen mit denen wir uns verbunden fühlen.
Weihnachten ist eine wunderbare Zeit. Familien treffen sich. Manche Familien kommen sogar nur zu dieser Zeit zusammen, weil sie zerstreut leben. Weihnachten ist die Zeit der Stille und der Besinnung. Wir schenken einander schöne Geschenke, um uns zu zeigen, dass wir einander wertvoll sind. Weihnachten duftet nach Tannen und Lebkuchen. Weihnachten ist wunderbar.
Für manche aber ist Weihnachten eine schwere Zeit.
Gerade gegen Weihnachten höre ich immer wieder Menschen,die sagen: “Weihnachten ist für mich eigentlich immer ein trauriges Fest.“ Nicht gering ist die Zahl der Menschen, die sich fragen: Wer interessiert sich denn überhaupt für mich? Diese Frage stellen sich viele alte Menschen in unserer Gesellschaft. Mich braucht keiner mehr. Ich störe nur, wer freut sich schon über meine Anwesenheit? Wer interessiert sich schon für einen alten Menschen?
Da wird uns manches besonders bewusst was nicht in Ordnung ist. Da spüren wir besonders schmerzlich, wenn Menschen in Feindschaft leben. Da spüren Menschen schmerzlicher als sonst ihr Alleinsein, ihre Einsamkeit, ihre Krankheit oder Armut.
Für andere ist Weihnachten aber auch die Zeit, in der man besonders merkt, wie fremd man sich geworden ist. Wenn das Fernsehprogramm nicht wäre, wüssten manche gar nichts mit der Stille anzufangen. All diese Not ist immer wieder Thema in der Zeit um Weihnachten.
Die Bibel ist an Weihnachten auch ziemlich unsentimental. Von Romantik in den biblischen Weihnachtserzählungen ist nichts zu spüren. Auch über Jesus liegt ein Schatten. Da scheint vielmehr harte Realität durch, wenn das Kind keinen Platz in den Behausungen der Menschen findet. „Die Welt erkannte ihn nicht,… die Seinen nahmen ihn nicht auf…“ (Joh, 1,10-11)
Er beginnt die Erlösung, indem er draußen vor den Toren der Stadt auf die Welt kommt. Draußen – ohne Zuhause, heimatlos – hat er die wesentliche Zeit seines Lebens verbracht. So nimmt er den Platz draußen an, den wir ihm zugweisen haben. Und dort sammelt er alle, die „draußen“ sind; zuerst die Hirten, später die Zöllner und Prostituierten, die Aussätzigen, die Kranken. Alle die „draußen“ sind, sammelt er. Alle die „verloren“ sind, die niemand haben will, alle für die sich keiner interessiert, alle die „stören“ sammelt er. So macht er den letzten Platz, den Straßenrand, zu dem Ort, an dem die Welt verwandelt wird.
Das ist die Botschaft von Weihnachten. Gott nimmt den Platz ein, den wir ihm zumuten. Gott im Stall, im Schuppen. Darum gibt es endlich Frieden, nicht nur für die Sieger, sondern auch für die Verlierer. Darum gibt es den Frieden Gottes nicht nur für die Menschen mit der heilen Biographie, ohne Brüche, ohne Tränen; sondern auch für die, die stumm, hilflos und mit Scham auf ihr Leben schauen.
Darum gibt es den Frieden Gottes nicht nur für die Vorzeigefamilien mit den begabten Kindern, sondern auch für die zerbrochenen Familien, für die Alleinerziehenden und die Kindern, die irgendwann in diesen Tagen vom anderen Elternteil abgeholt werden.
Schwestern und Brüder!
Gott kommt nicht als Mensch in diese Welt, weil sie so schön in Ordnung ist, weil bei uns, in unserem Leben in unseren Familien alles toll ist. Gott wird ein Mensch unter denen, die in Finsternis und Todesschatten leben, die sich sehnen nach Licht und Frieden, nach menschlicher Wärme und Nähe.
Gott will im Leben des Menschen ankommen in all seinen Niederungen und seinen bedrückenden Grenzerfahrungen. Er will dem Menschen zeigen: ich bin dir nahe. Und dort, wo du dich nicht selbst retten kannst, bin ich die rettende Hand, die dich hält und birgt, bis du wieder Boden unter den Füßen findest. Dort wo du aus eigenen Kräften nicht zum Leben kommst, bringe ich dich zum Leben.
Ich wünsche uns allen, dass wir ihm Platz und Raum geben in unserem Leben. Ich wünsche uns, dass wir Liebe, Freude und Frieden weiter schenken, weil wir selbst Beschenkte sind.
Kaplan Niko Tomic