Bei den vier Evangelien gibt es unter den ersten Dreien, die von Matthäus, Markus und Lukas geschrieben wurden, eine große Ähnlichkeit. Das vierte Evangelium von Johannes, das etliche Jahre nach den anderen geschrieben wurde, das tanzt etwas aus der Reihe. Johannes legt andere Schwerpunkte und in seinem Evangelium gibt es Inhalte, die wir in den anderen nicht finden.
Im Einsetzungsbericht, also bei der „Wandlung“ wie oft gesagt wird, hören wir in der Heiligen Messe, in der Eucharistie die Worte: das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird; das ist mein Blut, das für euch vergossen wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis. Diese Worte finden wir nur in den ersten drei Evangelien und im eben gehörten Brief des Paulus.
Darum wirkt es beim ersten Hinsehen befremdlich, dass wir ausgerechnet heute, wo wir die Eucharistie und die Einsetzung der Eucharistie feiern, eine Stelle des Evangeliums vorgesetzt bekommen, in der alles ganz anders ist. Auch Johannes spricht von einem Mahl, aber die Einsetzung der Eucharistie erwähnt er nicht. Er hat die anderen Evangelien natürlich gekannt und wir können nicht annehmen, dass er diese ganz zentrale Begebenheit einfach vergessen hat.
Johannes hat sich sicher etwas gedacht dabei, als er an Stelle des Einsetzungsberichts die Fußwaschung schildert.
Waschungen hatten und haben bei den Juden große Bedeutung. Die Waschungen sind ein Symbol für die Reinigung von Missständen, von Unordnung, von Sünden. Bei einem Mahl war es Aufgabe eines fürsorglichen Gastgebers, seinen Gästen Wasser zum Waschen der Füße anzubieten.
Noch viel weiter ging ein Angebot, die Füße durch jemanden waschen zu lassen. Jemandem die Füße zu waschen war eine der demütigendsten Tätigkeiten, die nicht einmal jüdischen Sklaven zugemutet wurde. Für diesen Dienst wurden höchstens fremdländische Sklaven herangezogen.
Jesus missachtet wieder einmal alle geltende Regeln, wie uns die Reaktion des Petrus zeigt. Aber er lässt sich nicht abbringen von diesem Liebesdienst. Er macht sich ganz niedrig, um seinen Mitmenschen zu dienen. Jesus setzt diese Tat aber nicht ohne Grund. Er macht daraus einen Auftrag, eine Sendung. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt – das ist doch das selbe wie: tut dies zu meinem Gedächtnis! Es ist wie ein Vermächtnis. Wie können, wir müssen weiterführen, was er begonnen hat. Es liegt an uns.
In der Theologie gibt es den etwas spröden Begriff der „Realpräsenz“. Das heißt nichts anderes, als dass Christus wirklich und wahrhaftig da ist in der Eucharistie.
Wenn Johannes an die Stelle des Einsetzungsberichtes den Bericht der Fußwaschung setzt, dann heißt das doch, dass die tatsächliche Anwesenheit Christi, diese Realpräsenz, im konkreten Dienst an den Mitmenschen genau so gegeben ist wie bei der Feier der Eucharistie. Dass wir Christus ganz wirklich und wahrhaftig auch im Mitmenschen finden.
Eine Tatsache, die wir uns leider viel zu wenig bewusst machen. Natürlich gehört die Eucharistie zum Zentrum unsers Glaubens. Und in der Eucharistie ist Christus wirklich da, hier begegnen wir ihm tatsächlich. Aber ebenso tatsächlich begegnen und finden wir Christus im Menschen neben uns und in den Menschen um uns.
Mutter Teresa hat einmal gesagt: „Ich kommuniziere jeden Tag zweimal: einmal morgens in der Kirche, und das zweite Mal draußen auf den Straßen, wenn ich Christus in den Armen und Sterbenden begegne und berühre“.
Die Zeichenhandlung der Fußwaschung, die wir jetzt erleben werden, will uns an den wichtigen und untrennbaren Zusammenhang von der Liebe zu Gott und der Liebe zu den Menschen.