„Dann sagte er zu seinen Dienern: Das Hochzeitsmahl ist vorbereitet, aber die Gäste waren es nicht wert (eingeladen zu werden). Geht also hinaus auf die Straßen und ladet alle, die ihr trefft, zur Hochzeit ein. Die Diener gingen auf die Straßen hinaus und holten alle zusammen, die sie trafen, Böse und Gute, und der Festsaal füllte sich mit Gästen.“ (Mt 22,8-10)
Liebe Schwestern, liebe Brüder, lieber Hans,
wenn wir schon einen goldenen Priesterjubilar unter uns haben, möchte ich heute über den Priesterberuf laut nachdenken. Auch wenn wir im Vergleich zu anderen Pfarren mit den Priestern gesegnet sind, denn wer hat schon einen Kaplan und einen Pfarrer, lässt es sich nicht leugnen, dass es viel zu wenig Burschen gibt, die die Entscheidung treffen, Theologie zu studieren und die eigene Berufung auch in diese Richtung zu prüfen. Ich möchte nicht darüber reden, warum es so ist, dass man nicht bereit ist, sich in den Dienst zu nehmen, sondern am Beispiel unseres Jubilars positiv aufzeigen, warum es schön, wichtig und sinnvoll wäre, diesen Weg zu gehen.
Also lieber Hans, warum hast Du Dich entschieden Priester zu werden? Ich werde versuchen ein paar Thesen zu formulieren, um eine Antwort auf diese Frage zu finden.
Der erste Grund könnte sein: Du bist Priester geworden, weil Du keine Frau gefunden hast. Dagegen würde aber sprechen, dass gerade nach dem Krieg ein Frauenüberschuss herrschte, weil viele Männer an der Front gefallen sind. Ich habe auch Dein Primizbildchen mit Deinem Foto gesehen und Du hast nicht so schlecht ausgeschaut. Es muss eigentlich ein G´riss um Dich gewesen sein.
Ein weiter Grund könnte das Gehalt sein. Aber wir verdienen eher durchschnittlich. Denn das priesterliche Leben soll nicht im Überfluss sein, sondern sich am Leben der Menschen orientieren. Auch diese These kann nicht bestehen bleiben.
Es könnte aber sein, dass Du überdurchschnittlich lange leben wolltest. Denn es gibt eine Studie, die besagt, dass bis vor 20 Jahren im deutschsprachigen Raum die Priester 7 Jahre länger lebten als ein Durchschnittsmann. Erst aufgrund der Überbelastung hat sich der Trend ein wenig verändert. Aber auch diese These lässt sich nicht halten, weil wenn es so wäre, hättest Du die Kardinalskarriere anstreben müssen und nicht in der Vogelweide bleiben dürfen. Denn über 9o der 213 Purpurträger sind älter als 80 Jahre. Ein kleiner Seitenhieb: Wenn man annimmt, dass auf die Lebenserwartung auch ein ruhiger Lebensstil einen Einfluss hat, dann wissen wir, wie stressig das Leben eines Kardinals ist.
Es waren also nicht die für die Gesellschaft so wichtigen Gründe wie Geld und Karriere, die Dich in den Priesterstand gerufen haben, sondern es muss was anderes gewesen sein.
Ich hoffe, in Deinem Primizspruch einer Antwort darauf ein wenig näher zu kommen. In der Anlehnung an das Gleichnis vom Hochzeitsmahl aus dem Matthäusevangelium lautet er: „Geht an die Straßenkreuzungen und Zäune und ladet zur Hochzeit, wen immer ihr findet“.
Du hast Dich also in die Reihe der Diener gestellt, die im Gleichnis die Aufgabe bekamen, Menschen zum Hochzeitsmahl des Herrn einzuladen. Du verstehst Dich als Gesandter, also als einer der sein Leben zur Verfügung stellt, der bereit ist, nicht sich selbst, sondern der Sache Jesu zu dienen. Eine solche Haltung verlangt einen starken Glauben an Gott, oder besser gesagt eine gute Beziehung zu ihm. Denn der Mensch ist in der Regel bereit, für jene etwas zu tun, mit denen er emotional verbunden ist. Wer sich auf Gottes Ideen einlässt, braucht diese intensive Beziehung zu Gott, sonst kann er im Dienst nicht bestehen.
Aus deinem Primizspruch lesen wir, dass das dein priesterliches Selbstverständnis war: Hinaus zu gehen; nicht in der Pfarre zu hocken, nicht zu warten, dass jemand mit den Anliegen kommt, sondern die Menschen zu suchen. Wels hat sich dafür gut angeboten, denn hier gibt es viele Straßenkreuzungen und viele Zäune. Auch wenn Du eher zufällig in dieser für Dich flachen Gegend gelandet bist und selbst nicht daran geglaubt hast, dass Du da länger bleibst, hast Du mit der Zeit gerne hier gewirkt und den Menschen die Frohe Botschaft verkündet. Denn die Einladung Gottes zu einem Fest ist nichts anderes als die Frohe Botschaft. Gott will uns Anteil geben an seinem Reich, an seinem Glück. Die einzige Bedingung, um daran teilzunehmen ist, mit dem eigenen Leben darauf zu antworten und in Richtung des Mahles zu gehen. Was gibt es im Leben Schöneres als dafür zu leben?
In Deinem priesterlichen Dienst wolltest Du den Menschen leben helfen. Da wir keine Zauberer sind, die mit einem Hokus Pokus alles zum Guten wenden können, gibt es nur einen Weg, um es zu erreichen: die Menschen zu begleiten, mit ihnen zu gehen, ihnen an ihren Lebenskreuzungen zur Seite zu stehen. Du hast es getan in vielen Beichtgesprächen, in vielen Runden, bei denen die Menschen gelernt haben, über den eigenen Glauben zu sprechen, von ihm Zeugnis abzulegen. Du hast erlebt, wie sich viele auf den Weg zum Hochzeitsmahl gemacht haben, voller Freude dem Herrn entgegen. Das hat auch Dir Freude bereitet.
Als Priester hast Du aber auch Leid erfahren: Wenn Du aufgrund deiner offenen Ansichten persönlich bekämpft wurdest, wenn Menschen sich von der Kirche entfernt haben, wenn der Kirchenbesuch abnahm. Besonders in den schwierigen Zeiten ist Dir auch ein weiter Spruch wichtig geworden: „Vertraue dein Leben dem Herrn, er wird es fügen“ (nach Psalm 37,5). Du hast seine Fügung oft erlebt und durch dein Wirken haben viele Menschen in ihrem Leben Gott und sein schützende Hand erfahren.
Lieber Hans,
wenn ich jetzt das zusammenfasse, muss ich sagen: Du bist Priester geworden, weil Du die Menschen zu einem Leben mit Gott einladen wolltest, weil das Leben mit ihm glücklicher ist. Du wolltest, dass jeder, der in den Gottesdienst kommt, fröhlicher nach Hause geht. Du hast Menschen ermutigt, Verantwortung in der Kirche zu übernehmen.
Ich gratuliere Dir heute sehr herzlich zu Deinem goldenen Priesterjubiläum. Du hast Dich für einen Weg entscheiden, der bereits im Gehen Freude macht. Ich wünsche Dir viel Gesundheit und noch viele weitere priesterliche Begegnungen, die den Menschen helfen, das Leben auf Gott und sein Reich auszurichten. Im Rückblick hast Du ein geglücktes Leben.
Zum Schluss wieder ein kleiner Seitenhieb: Lieber Hans, zum Glück haben wir in den OÖ Nachrichten lesen können, dass Du nicht mehr auf Brautschau gehen willst. Denn wenn jemand heute deinen Primizspruch lesen würde: „Geht an die Straßenkreuzungen und Zäune und ladet zur Hochzeit, wen immer ihr findet“, könnte der eine oder die andere glauben, dass der Bachmair heiratet. Aber bleib so wie Du bist. Auch wenn Du noch immer nicht so schlecht ausschaust, ist es vielleicht für Dein Herz so besser – und wir wollen Dich doch noch viele Jahre unter uns haben!
Slawomir Dadas
Pfarrer