Im Evangelium vom letzten Sonntag hörten wir, wie Petrus das Bekenntnis abgelegt hatte: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes.“
Und Jesus nennt diesen Petrus „den Fels“, und sagt ihm zu, dass er auf diesen Felsen seine Kirche bauen werde.“ Und heute hören wir die Fortsetzung: „Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen…!“ adressiert an denselben Petrus.
An keiner anderen Stelle im Evangelium geht Christus so hart mit jemandem ins Gericht wie im heutigen Evangelium mit Petrus. Diesen Petrus nennt Jesus knallhart „Satan“, also Widersacher, Feind Gottes. Was für ein Unterschied. Welch Gegensatz! Welch scharfe Zurechtweisung! Was will Petrus? Dabei hatte der Petrus das nur gut gemeint. Er will Jesus das Kreuz ausreden, er will ihn vom Leid bewahren – eine menschliche und freundschaftliche Geste.
Das ist doch ein merkwürdiger Fels, dieser Petrus. Am Abend, bevor Jesus leiden musste, sagte er: „Wenn alle dich verlassen, ich nicht!“ Und ein paar Stunden später sagt: „Ich kenne Jesus nicht.“ Das war Petrus: hin und her gerissen.
Wenn Jesus einen anderen Jünger auserwählt hätte, z. B. den Johannes, seinen Lieblingsjünger, und zum Fels der Kirche gemacht hätte, wäre es für uns verständlich. Aber ausgerechnet diesen Petrus. Was soll das für einen Sinn machen?
Aber ich glaube, das hat eine ganz tiefe Bedeutung, dass Jesus diesen zwiespältigen Simon Petrus zum Felsen der Kirche machte. Dieser Zwiespalt, der in der Persönlichkeit des Petrus lag, der ist ja auch wie ein Riss durch die ganze Kirche hindurchgegangen.
Auf der einen Seite hat die Kirche im Laufe ihrer Geschichte unheimlich viel Gutes gewirkt. Wie viele Menschen haben durch die Kirche Trost, Ermutigung, Vergebung, Gemeinschaft erfahren. Was hat die Kirche an Leistungen vollbracht im kulturellen Bereich. Die Welt sähe heute anders aus, wenn es die Kirche nicht gäbe.
Aber auf der anderen Seite sind da auch die Missstände, die es gibt, bis zum heutigen Tag.
Aber eins gilt: Jesus liebt diese Kirche, mit allen ihren Missständen. Trotz ihrer Missstände sagt Jesus zu dieser ganz konkreten Kirche, die so zwiespältig ist, ein bedingungsloses Ja. Und darum hat er vom ersten Augenblick an diese Kirche auf einen Mann gegründet wie den Petrus.
Wir gehen noch einen Schritt weiter. Dieser Zwiespalt, der sich durch die Kirche hindurch zieht, der geht ja, wenn wir ehrlich sind, auch durch unser eigenes Herz. Auf der einen Seite gibt es bei jedem von uns viel Gutes, und wir möchten ja auch gut tun. Aber auf der anderen Seite gibt es auch viel Schlechtes und viel Mist in unserem Leben. Dieser Zwiespalt, der zieht sich durch jedes einzelne Menschenleben.
Stellen Sie sich einmal vor, die Kirche würde nur aus einer Schar von Vollkommenen und Perfekten bestehen. In einer solchen Kirche könnte sich doch keiner von uns wohl fühlen, ich jedenfalls nicht, weil ich eben nicht vollkommen bin. Und darum hat Jesus diesen Petrus erwählt, diesen zwiespältigen Menschen, weil er uns sagen will: In all deiner Zwiespältigkeit und Zerrissenheit bist du von Jesus geliebt, ohne wenn und aber.
Niko Tomic, Kaplan