Schwestern und Brüder im Herrn! Liebe Pfarrgemeinde zur Hl. Familie!
Wir feiern heute das Patrozinium unserer Pfarre. Das Fest der Hl. Familie wurde 1921 von Papst Benedikt XV. eingeführt und sollte wohl als „leuchtendes Vorbild“ für die gefährdete christliche Familie hingestellt werden. Das Fest will uns daran erinnern, dass Gott die Menschen für eine Partnerschaft geschaffen hat, und uns auch darauf aufmerksam machen, auf welch unterschiedlichen Wegen Gemeinschaft heute verwirklicht wird.
Alle drei Bibeltexte des heutigen Tages greifen ein Thema des Zusammenlebens auf:
– In der 1. Lesung hören wir die Klage Abrahams, weil er und Sara keine Kinder haben. Doch Gott verspricht ihm so viele Nachkommen wie Sterne am Himmel sind. Und dann schenkt Sara einem Sohn das Leben.
– Die letzten vier Sätze der 2. Lesung (Kol 3,12-21) würden heute nicht mehr so gesagt werden. Insgesamt aber geht es darum, wie das Zusammenleben in jeder Gemeinschaft gelingen kann: „Liebt einander, denn die Liebe hält alles zusammen.“ Alles, was zu einem guten Zusammenleben wirklich nötig ist, lässt sich aus der Liebe ableiten: Erbarmen, Güte, Demut, Geduld, Bereitschaft zum Vergeben, usw. gehören dazu – auch in der christlichen Gemeinde!
– Jerusalem ist für die Juden die Stadt der Gottesnähe und der Begegnung, wo man Gottes Kommen erwartet. Darum berichtet Lukas (Lk 2,22-40), dass Maria und Josef ihr Kind nach Jerusalem bringen, um Jesus im Tempel Gott zu weihen. Dort treffen sie auf zwei alte Leute, die auf den Erlöser warten. Simeon preist Gott, weil seine Hoffnung erfüllt wurde und er nun Abschied nehmen kann. Hanna hat sehr lange auf die Begegnung mit dem Erlöser – dem Kind Jesus – gewartet. Beide sprechen Dinge aus, die sich später erfüllen werden.
Die drei Bibeltexte sprechen jeweils einen Punkt an, der Wunsch im Zusammenleben von Menschen ist: nach einem Kind, nach einem geglückten Zusammenleben und nach der Verbindung mit Gott. Jede/r weiß aus eigener Erfahrung, dass manches nicht erfüllt wird!
Wir feiern heute jene Familie, in der Jesus seine ersten Erfahrungen mit Mensch-Sein machte, in der er lernte, Gott und den Menschen zu vertrauen. Jesus, Maria und Josef werden uns als Vorbild hingestellt, aber bei ihnen gab es genauso Probleme wie heute: armselige Geburtsstätte, Flucht nach Ägypten, der pubertierende Sohn im Tempel und das ganz andere Leben des erwachsenen Sohnes. Gibt es nicht heute auch Ähnliches??
Es lohnt sich, am heutigen Tag auch über die eigene Familie nachzudenken.
Viele von uns haben das Glück, in einer intakten Familie aufgewachsen zu sein oder aufzuwachsen, und dort die Licht- und Schattenseiten des Lebens kennen zu lernen. Andere wieder wachsen in einer ganz anderen Umgebung auf. Trotz Urlaub am Strand oder im Schihotel geht manches schief!
Auch gibt es heute so viele Formen des Zusammenlebens, für die alle die Zusage aus dem Kolosserbrief gilt: „Ihr seid von Gott geliebt!“ Von Gott geliebt ist sowohl die intakte Familie als die zerbrochene, ist die ohne Sakrament eingegangene Bindung genauso wie jene Menschen, die in keiner Partnerschaft leben.
Die Bibeltexte des heutigen Tages enthalten Mahnungen an Junge und Alte, einander zu lieben, zu ertragen, beizustehen. Doch Solidarität ist eben nicht selbstverständlich! Es mehren sich z. B. die Fälle, wie die politische Gemeinde für ein Begräbnis sorgen muss, obwohl es nächste Angehörige gibt, die sich leider dafür nicht zuständig fühlen und nichts unternehmen.
Unser Zusammenleben mit dem Geist Jesu zu durchdringen, das soll uns allen ein Anliegen sein. Wenn uns das gelingt, dann bedeutet das Fest der Heiligen Familie nicht nur ein Abrunden des Weihnachtsfestes, sondern auch einen Schritt in eine gute Zukunft.
Josef Bernögger, Diakon