Im Anfang war das Wort
und das Wort war bei Gott,
und das Wort war Gott.
Und das Wort ist Fleisch geworden
Dieses Evangelium hat eindeutig den Ruf, schwierig zu sein.
Ein Grund dafür liegt sicher darin, dass die Vokabeln Wort und Fleisch im Deutschen eine andere, enger gefasste Bedeutung haben als Logos und Sarx im griechischen Urtext. Das ist grundsätzlich das Problem mit Übersetzungen. Auch eine andere Wortwahl hilft letztlich nichts, weil wir die Zusammenhänge aus dem anderen Kulturkreis nicht kennen und vor allem nicht fühlen können.
Bleiben wir eben einmal bei dem, was wir in unserem Text haben. Im Vertrauen darauf, dass die Inspiration, dass der Geist Gottes auch hier wirkt.
Das Alte Testament fängt ganz ähnlich an wie das heutige Evangelium: Im Anfang. Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und weiter: „Er sprach, es werde Licht, und es ward Licht“ oder später „Er sprach, das Land bringe lebende Wesen hervor. Und so geschah es“. Durch das Wort schafft Gott, das Wort Gottes wird wahr, wird tatsächlich. Heute haben wir dasselbe gehört: alles ist durch das Wort geworden.
Was sind dagegen Worte bei uns, was sind unsere Worte?
Keine Frage, wir reden gerne und viel. Auf allen Ebenen. Die Methode der Politik, notwendige Entscheidungen durch immer neue Gremien, Untersuchungen und Kommissionen hinauszuschieben, die kennen wir, die ärgert uns. Aber längst bedienen wir uns derselben Mechanismen. Und genau so ist es in der Kirche. Uch da gibt es Arbeitspapiere, Konstitutionen, da gibt es päpstliche Enzykliken, an die wir uns alle halten sollen und die mitunter noch viel schwieriger zu verstehen sind als das heutige Evangelium.
Der bekannte deutsche Bischof Franz Kamphaus hat einem seiner Bücher den Titel gegeben: Mach’s wie Gott: werde Mensch.
Das heißt nichts anderes, als dass wir unser Reden, unsere Worte erden sollen, Fleisch werden lassen, real werden lassen. Das heißt, dass wir unseren Glauben in unser Leben hereinnehmen müssen, dass unsere Glaubenspraxis wirklich Teil unseres Lebens sein muss.
Jesus hat zu den Juden gesprochen, er hat den Juden den angreifbaren Gott gezeigt. Paulus hat das Christentum in der hellenistischen Kultur beheimatet. Viele andere haben die Botschaft überall hingetragen, in der Form wie sie von den Menschen jeweils verstanden werden konnte.
Die letzten Päpste haben häufig von Neuevangelisierung gesprochen. Verstanden wurde das oft als ein Zurück. Zurück zum Ursprung, zurück zum alten Wort, in der Angst, es könnte verwässert worden sein.
Neuevangelisierung kann aber auch anders verstanden werden. Nämlich so, dass wir die Worte ändern müssen, nicht den Inhalt. Dass wir das Evangelium in der Sprache von heute ausdrücken müssen. Wie können wir erwarten, dass die Menschen Worte verstehen, dass wir die Menschen mit Worten begeistern können, die für uns selber nicht mehr aktuell, spannend, aufregend sind.
Und das heißt wieder, dass wir das Evangelium in der heutigen Welt leben müssen, dass wir die Botschaft Jesu in unserem Leben, in unserem Tun auf die heutige Zeit übersetzen müssen – mit allem Risiko, die Übersetzungen eben in sich bergen, aber im Vertrauen auf den Geist Gottes, auf die Inspiration.
Auch das ist Weihnachten: als Christen unser Wort Fleisch werden zu lassen, dass es für die anderen fassbar, greifbar, angreifbar wird.
Machen wir’s wie Gott, werden wir Menschen.