Vor einigen Jahren habe ich aus Anlass des Suppensonntag einen kleinen Beitrag für unsere Homepage verfasst, in dem ich die köstlichen Suppen gelobt habe. Darauf hat eine Dame einen Kommentar geschrieben, in dem sie meinte, eine gute Suppe zu essen wäre kein Opfer und nur darum ginge es am Familienfasttag.
Man könnte das jetzt einfach als eine etwas skurrile Meinung abtun, wenn nicht genau diese Haltung zum Thema Opfer so weit verbreitet wäre.
Opfer finden wir in fast allen Religionen. Opfer haben den Sinn, den Gott oder die Götter zu besänftigen, gnädig zu stimmen um etwas zu bekommen. Oder das Opfer ist Zeichen der Sühne für begangene Schuld.
Die extremste Opferform war das Menschenopfer. Zur Zeit des alten Testaments war das durchaus üblich und wir begegnen dem auch in der Bibel. Im Buch der Richter zum Beispiel, da bringt Jiftach, der Anführer der Israeliten für seinen Sieg über die feindlichen Ammoniter seine einzige Tochter als Schlachtopfer dar.
Etwas glimpflicher läuft es in der eben gehörten Erzählung von Abraham und Isaak ab. Aber ich glaube nicht, das der eigentliche Sinn dieser Stelle eine Prüfung Abrahams auf seine Willfährigkeit ist. Ich bin überzeugt, dass der Kern der Geschichte ist, dass Gott Menschenopfer auf gar keinen Fall will.
Ein paar hundert Jahre später lesen wir beim Propheten Hosea die Gottesworte: „Liebe will ich, nicht Schlachtopfer, Gotteserkenntnis statt Brandopfer“. In Israel hat sich das nicht durchgesetzt. Die Opferpraxis war mit dem Tempelkult fest verankert und Jesus ist es, der dagegen und gegen den damit verbundenen Missbrauch nachdrücklich auftritt. Und nach der Berufung des Matthäus erinnert Jesus an den Propheten Hosea und sagt den Pharisäern: „lernt endlich, was es heißt: Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer!“
Aber die Vorstellung, dass man Gott durch Opfer gnädig stimmen müsse, die war damit nicht überwunden. Diese Vorstellung steckt offenbar so im Menschen, dass auch weite Teile der Christenheit bis heute davon überzeugt waren und sind.
Wie konnte die Theologie den Tod Jesu wieder als Opfer für Gott denken. Als ob Gott wie ein verbitterter alter Mann durch die Sünden der Menschen so beleidigt wäre, dass es eines Menschenopfers, nämlich das des eigenen Sohnes bedurft hätte, um ihn wieder zu versöhnen.
Was ist das für ein Bild von Gott?
Warum musste also Jesus dann diesen furchtbaren Tod sterben, wenn nicht als Sühneopfer für den Vater?
Jesus hat gelebt, um uns den Gott zu zeigen, der er ist, nämlich Liebe.
Die Menschen haben sich Gott nach eigenen Wünschen gestaltet und hinter selbstgemachten Regel- und Gesetzeswerken versteckt. Mit seiner Botschaft hat Jesus die religiösen Autoritäten provoziert, hat deren Ansehen, deren Macht so sehr in Gefahr gebracht, dass sie ihn aus dem Weg räumen mussten. Was hätte Jesus tun können, als sich alles so zugespitzt hat? Hätte er einen Rückzieher machen sollen, sagen, es war ja alles nicht so gemeint, ist ja schon gut? Er wäre in der Versenkung verschwunden, alles, was er getan hatte wäre sinnlos gewesen und Gott, der Vater Jesu wäre geblieben, was er in den Augen der Menschen damals war: ein beleidigter, ein bestechlicher Gott, versteckt hinter menschlichen Vorschriften.
Das durfte nicht passieren, das konnte Gott nicht zulassen. Um uns den liebenden Gott bewusst, fühlbar, spürbar, erlebbar zu machen, dafür ist Jesus gestorben. Für uns ist er gestorben, nicht für Gott.
Und überall dort, wo noch davon gesprochen wird, dass Gott ein Opfer dargebracht werden muss, überall dort herrscht noch das alte Missverstehen des Jiftach.
Denn Gott will keine Opfer. Er will, dass wir endlich einsehen, dass der wahre Gottesdienst der Dienst am Menschen ist. Und den allein will Gott von uns.