„Jesus, der wusste, dass ihm der Vater alles in die Hand gegeben hatte und dass er von Gott gekommen war und zu Gott zurückkehrte, stand vom Mal auf, legte sein Gewand ab und umgütetete sich mit einem Leinentuch. Dann goss er Wasser in eine Schüssel und begann, den Jüngern die Füße zu waschen und mit dem Leinentuch abzutrocknen, mit dem er umgürtet war.
Als er zu Simon Petrus kam, sagte dieser zu ihm: Du, Herr, willst mir die Füße waschen? Jesus antwortete ihm: Was ich tue, verstehst du jetzt noch nicht; doch später wirst du es begreifen.“ (Joh 13,3-7)
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
die Messe wird immer wieder nach verschiedenen Kriterien beurteilt. Manchmal ist sie zu lang, manchmal sind die Lieder zu modern und wenn gar nicht gesungen wird, dann komme keine Stimmung auf. Manchmal sind keine Kinderelemente dabei und da ist sie nur noch fad und den Kindern unzumutbar. Bei den Jugendlichen und den jungen Erwachsenen verliert sie meistens den Kampf gegen das Ausschlafen, weil in den letzten Jahren die Nächte in Mitteleuropa so kurz geworden sind.
Da der Gründonnerstag eng mit der Einsetzung der Eucharistie zusammenhängt, mit der Neudeutung des Paschafestes durch Christus, und die Eucharistie durch die Kirche als Zentrum unseres christlichen Lebens bezeichnet wird, möchte ich Sie einladen, über die wesentlichen Inhalte der Feier nachzudenken.
Wäre es unser erstes Ziel, den Moden zu entsprechen und das Haus voll zu kriegen, müssten wir dringend mindestens 90 % der Gestaltungselemente der Messe verändern. Da müssten wir immer wieder am frühen Abend Messen gestalten, bei denen die Liebhaber der Klassik auf ihre Kosten kommen würden und in der Nacht in einer Schall gedämmten Kirche Rock-Messen, die die Sinne richtig betäuben. Da wäre Kinderbetreuung bei jeder Feier eine Pflicht und die meisten hätten einen hohen Unterhaltungswert. Dass wir dann in der Turmkapelle eine Computerspielecke und in der Tageskapelle eine kleine Snackbar hätten, versteht sich von selbst.
Da unser erstes Ziel nicht heißt, das Haus voll zu kriegen, sondern den Willen Gottes zu verkünden, müssen wir damit leben, dass die Botschaft vom Heil, wie Gott es versteht, nicht immer und nicht in allen Schichten der Gesellschaft gut ankommt. Denn wer hört schon gerne vom Dienen, vom Teilen, vom Leid, die bei Gott mehr bedeuten als Ruhm, Reichtum oder Spaß. Wer geht freiwillig den Weg des Verzichts und der Solidarität, damit es allen gut geht, und nicht den Weg der Absicherung ohne Rücksicht auf die anderen.
Die Eucharistie – die Messe – ist zuerst nicht dazu da, um der eigenen Frömmigkeit Ausdruck zu verleihen, oder spirituell Höhepunkte zu erleben. Sie ist die Versammlung von unterschiedlichen nicht selten konträren Menschen, die aber eines gemeinsam haben: alle wollen in der Nachfolge Jesu durch ihn gestärkt werden. Darum können in der Messe weder die Ästhetik noch die Unterhaltung an der ersten Stelle stehen. In der Feier wird uns bewusst, dass Menschen aus allen Ecken der Gesellschaft, mit unterschiedlichen Berufen und unterschiedlichen Kontoständen miteinander feiern wollen, weil alle an dieselbe Botschaft Jesu glauben. Genau dadurch ist die Messe so einzigartig und ein sichtbarer Teil der Botschaft, weil es hier keine Klassenteilung gibt, keine Prominententische und keine Logen, sondern eine große Familie vereint durch den einen Glauben. Natürlich sprechen uns manchmal einige Lieder oder Texte mehr an, als die anderen. Uns versammeln aber nicht sie. Uns versammelt Christus und seine Botschaft. Natürlich dürfen wir dabei verschiede Zugänge zu Gott und zur Kirche haben. Sie stehen aber nicht im Weg, miteinander zu feiern und uns miteinander von seinem Leben, von seinem Opfer und von seiner Gegenwart unter uns, berühren zu lassen. Die Messe ist eine Gemeinschaft, bei der keiner dem anderen egal sein darf. Die Messe ist eine Feier, in der jeder darauf vertrauen darf, dass die anderen, die mitfeiern, keine Herrschaftsansprüche stellen, sondern sich als Dienende betrachten und in Not bereit sind, diese zu lindern.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
den Mehrwert der Messe kann nur jemand verstehen, der es ernst mit Christus und mit seiner Sendung meint. Denn sie ist nicht dazu da, um die hohen Feste zu verschönern, oder eine heilige Pflicht zu erfüllen. Die Messe will uns immer mehr mit Christus und untereinander vereinen und im Dienst an seiner Botschaft stärken. Ich wünsche uns allen, dass es uns gelingt, mit Christus und miteinander zusammenzuwachsen. Ich wünsche uns, dass wir, die Messbesucher, uns für unsere Gemeinschaft verantwortlich fühlen und bereit sind, die Botschaft Gottes von seinem Heil in die Welt zu tragen.
Slawomir Dadas, Pfarrer