Da sagte Jesus zu ihnen: Nirgends hat ein Prophet so wenig Ansehen wie in seiner Heimat, bei seinen Verwandten und in seiner Familie. Und er konnte dort kein Wunder tun; nur einigen Kranken legte er die Hände auf und heilte sie. Und er wunderte sich über ihren Unglauben. (Mk 6, 4-6)
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
würden Sie gerne Ihre Zukunft kennen? Hatten Sie schon einmal das Bedürfnis zu einem Astrologen oder zu einer Wahrsagerin z gehen, die Ihnen im Bereich der Finanzen, der Gesundheit oder der Liebe ein paar Lebenstipps von den Sternen geben sollten. Vieleicht hätten Sie dann gehört: Sie haben große Pläne und gute Chancen, Ihre beruflichen Ziele zu erreichen.Ein Gesundheitscheck würde Ihnen gut tun. Eine SMS oder ein Anruf kann einen neuen Schwung in Ihre Beziehung bringen. Ja die „modernen Pseudoprophetinnen und Pseudopropheten“ machen große Geschäfte mit der Sehnsucht der Menschen nach einem glücklichen und erfüllten Leben. Sie geben solche Antworten, die scheinbar Hoffnung schenken, die aufbauen aber vor allem solche, die sich Menschen erwarten und gerne hören.
Da wir uns in diesem Arbeitsjahr mit dem Satz aus der Leitbild beschäftigt haben: Pfarre als ein Ort der Orientierung und Sinnfindung und die heutigen Lesungen von dem Dienst der Propheten sprechen, möchte ich heute kurz über die biblische Prophetie im Vergleich zu den astrologischen Zauberern reden.
Im Biblischen Sinne steht eine Prophetin oder ein Prophet im Dienst der Vermittlung zwischen Gott und den Menschen. Gott spricht durch Frauen und Männer, die die Weisheit nicht erlernt, nicht in geheimen Sitzungen und nicht durch ein Studium der Astrologie erworben haben. Was sie sagen, hängt von dem ab, was Gott Ihnen mitgeteilt hatte. Eine solche Prophetie meint also nicht ein Paar Einzelschicksale wie: Du wirst 98 Jahre alt werden, erfährst Glück und Unglück in deinem Leben, sondern sie will alle Menschen, auf den Willen Gottes aufmerksam machen. Dadurch betrifft sie alle und bezieht sich auch auf die Zukunft. Sie richtet sich oft gegen das Verhalten eines Volkes, das sich von Gott entfernte, um die Bekehrung zu erwirken. Sie ist unpopulär und kann dadurch für den konkreten Verkünder zur Last werden.
In diesem biblischen Sinne kann jede und jeder von uns eine Prophetin oder ein Prophet sein; die Kinder, die Jugendlichen und die Erwachsene. Dazu brauchen wir keine geheimen Kurse, sondern vor allem eine gute Beziehung zu Gott, der uns in Jesus seinen Willen kundgetan hat. Wir brauchen die Bereitschaft, die Menschen auf die Heilspläne Gottes aufmerksam zu machen, weil Gott möchte, dass wir das Leben haben und es in Fülle haben vgl. (Joh 10,10).
So könnte jemand eine Prophezeiung für die Stadt Wels formulieren und darauf aufmerksam machen, dass es Gott nicht um Prestigebauten geht, sondern um Menschen, die nicht wissen, wie sie ihre Stromrechnung oder die ihren Platz in der Notschlafstelle bezahlen sollen. Jemand anderer könnte eine Prophezeiung gegen die soziallen Kürzungen formulieren und die Politiker in Österreich darauf aufmerksam machen, dass es in der Sorge um das Gemeinwesen nicht der Wille Gottes ist, dass die Reichen ihr Reichtum vermehren, sondern dass die Schwachen einen Anteil am Wohlstand haben können. Wieder jemand andere könnte für die Europa- und Weltpolitiker eine Prophezeiung aussprechen, weil sie bei der Vertreibung der Christen aus dem Orient tatenlos zuschauen. Ja es gäbe viele Möglichkeiten, vom Willen Gottes für unsere Welt prophetisch zu sprechen.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
Auch wenn ein Prophet wenig ansehen in seiner Heimat, bei seinen Verwandten und in seiner Familie hat vgl. (Mk 6,4), sollen wir als prophetische Menschen leben. Wir sollen nicht aufhören dort zu reden, wo der Wille Gottes bereits vergessen oder bewusst verschwiegen wird. Wir sollen aufstehen und gegen die korrupten, Menschen verachtenden Strukturen ankämpfen, um Menschen davon zu befreien.
Ich wünsche uns allen, dass wir uns von den Sterndeutern und von den Schicksaalpredigern unserer Zeit nicht verführen lassen, sondern mit Gott des Heils durch das Leben gehen. Ich wünsche uns, dass wir, wie die großen Propheten, uns trauern aus der Beziehung zu Gott unser Leben und unsere Umgebung zu gestalten.
Slawomir Dadas
Pfarrer