„Marta sagte zu Jesus: Herr, wärst du hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben. Aber auch jetzt weiß ich: Alles worum du Gott bittest, wird Gott dir geben. Jesus sagte zu ihr: Dein Bruder wird auferstehen. Marta sagte zu ihm: Ich weiß, dass er auferstehen wird bei der Auferstehung am Letzten Tag. Jesus erwiderte ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben. Glaubst du das? Maria antwortete ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Messias bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll.“ Joh 11,21-27
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
wenn Sie heute in der Früh das Radio gehört haben, dann konnten Sie von ökologischen oder ästhetischen Aspekten der Beerdigung erfahren. Die Geschäftsleute haben die Trauer der Menschen entdeckt, und versuchen ihr mit klassischen Lösungen der Konsumgesellschaft zu begegnen. Etwas Ausgefallenes sollte sich immer gut verkaufen, besonders wenn die Beziehung zum verstorbenen Menschen eine besondere war.
Einige „geschäftstüchtige“ Bestatter spezialisieren sich auf neue Formen wie Natur-, Wasser- oder Luftbestattung, um die Asche in einem Wald, am Meer, in der Atmosphäre oder sogar im All zu verstreuen. Viele Angehörige zahlen viel Geld dafür. Ich möchte daran glauben, dass jede und jeder, der sich auf so etwas einlässt, der verstorbenen Person entsprechen möchte und sucht für sie einen letzen Ort, der ihr auch zu Lebzeiten etwas bedeutete. Dieser Wunsch ist also eng mit der Sehnsucht nach dem, was wir Heimat nennen, verbunden. Denn den Begriff Heimat verwenden wir, um eine besondere Beziehung zwischen Mensch und Raum zu beschreiben. Dort, wo jemand von solchen Gefühlen wie Sicherheit, Verlässlichkeit und Geborgenheit getragen wird, dort sprechen wir von der Heimat. Aber glauben Sie wirklich, dass der beste Ort der Bestattung eine Antwort auf die Sehnsucht nach der endgültigen Heimat ist?
Ich glaube es nicht. Denn diese Sehnsucht kann nicht aus menschlicher Kraft gestillt werden; weder mit Geld noch mit ein paar Konsumtricks. Darum kommen wir hier zusammen und bitten Gott um die Heimat für unsere lieben Verstorbenen. Wir bitten ihn, dass er sie mit dem beschenkt, was wir Himmel nennen, natürlich nicht räumlich gedacht, sondern als Leben, in dem alles Unversöhnte versöhnt und alles im Ansatz Gute vollendet wird. Wir bitten um die Lebensfülle für sie in der großen Gemeinschaft derer, die bereits vor ihnen in die Ewigkeit gegangen sind.
Darum ist der Allerseelentag ein Tag des Gebetes, aber auch der Dankbarkeit. Es ist schön und tröstlich zu wissen, dass auch wir im Laufe des Lebens dem einen oder dem anderen Menschen Heimat geben konnten. Es ist schön und wichtig zurückzublicken und sich an solche Momente zu erinnern, in denen Sie gemeinsam für Ihre Kinder, in der Großfamilie oder für Freunde Orte einer besonderen Begegnung, Räume der besonderen Gefühle schaffen konnten. Es ist schmerzhaft zu erfahren, dass Menschen, bei denen wir uns Zuhause gefühlt haben, von uns gegangen sind, dass vieles nicht mehr so ist, wie es war.
Den Platz in unserem Herzen haben unsere lieben Verstorbenen gesichert, um den Platz bei Gott in der ewigen Heimat bitten wir jetzt und immer wieder.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
die Begegnung mit dem Tod macht uns nachdenklich über unseren eigenen Weg durch das Leben. Gehen wir der ewigen Heimat entgegen? Ist unsere Trauer ein Ausdruck der Verzweiflung, dass wir nie mehr zusammenkommen oder der Hoffnung, dass es nur in Gott die Vollendung gibt? Ich wünsche Ihnen allen, die heuer einen lieben Menschen verloren haben, einen starken Glauben an die Auferstehung und an das Leben bei Gott. Ich wünsche Ihnen, dass Sie im Gebetskontakt mit den Verstorbenen bleiben und dadurch erfahren, dass es zwischen Himmel und Erde eine enge Verbindung gibt und Sie aus der ewigen Heimat begleitet und beschützt werden.
Slawomir Dadas Pfarrer