“Und er fügte hinzu: Der Menschensohn muss vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er wird getötet werden, aber am dritten Tag wird er auferstehen. Zu allen sagte er: Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mit nach. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es retten.” Lk 9, 22-24
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
der Körperkult nahm in den letzten Jahrzehnten neue Dimensionen an. Wenn es dabei vor 30 bis 40 Jahren noch darum gegangen ist, die Muskeln oder eine schlanke Figur zeigen zu können, geht es heutzutage um schwerwiegende Eingriffe, die das Aussehen eines Menschen grundsätzlich verändern. Viele sind bereit, ein Vermögen auszugeben, um irgendwelchen Idealen zu entsprechen. Die scheinbare Machbarkeit der Gesundheit und der Schönheit erschwert sehr vielen Menschen einen realistischen Umgang mit ihrem Körper und insbesondere mit der Krankheit und mit der Schwäche, die jedem einmal begegnen. Ob dieser Körperkult der Angst vor Vergänglichkeit, dem Unglauben an das ewige Leben oder der Verführung durch die Schönheitsindustrie entspringt, ist nicht wesentlich. Er steht der Annahme des Menschen mit seinen Grenzen im Weg und produziert oft seine Ablehnung und Frust.
Eine andere Haltung wird uns in der Bibel vermittelt. Ich möchte sie Menschenkult nennen. Die biblischen Heilungen, die Erweckungen zum Leben, die Gleichnisse vom barmherzigen Vater, vom verlorenen Schaf zeigen uns Gott als den, der den Menschen umsorgt, ihn umwirbt, sogar die gesellschaftlichen Grenzen überschreitet; weil sich Jesus nicht immer an den Sabbat, nicht immer an die üblichen Rituale hält, um Menschen zu retten. Im Gegensatz zu den Trends in der Gesellschaft nimmt Gott den ganzen Menschen an, mit seinen Grenzen und Schwächen, mit seiner Gebrechlichkeit und Vergänglichkeit. Gott betreibt den Menschenkult, weil er ununterbrochen dem Traum nachgeht, den Menschen zum Leben in Liebe und im Frieden zu bewegen. Die Philosophie Gottes ist einfach. Die liebevolle Zuwendung, das Halten der Hand am Krankenbett ist wertvoller als das schönste Haus. Ein friedliches Miteinander, ein Mut machendes und ein aufbauendes Wort ist mehr wert als die schönsten Kleider und die schnellsten Autos. Gott betreibt den Menschenkult, weil er um den Menschen als Ganzen kämpft, um ihn zum ganzen Leben zu führen.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
die Krankensalbung ist ein Zeichen dieses Menschenkultes Gottes. Sie ist die sichtbare Zusage, dass Gott uns liebt, dass er uns in Krankheit und Gebrechlichkeit nicht verlässt und nicht vergisst. Gott lenkt vom Wesentlichen nicht ab, sondern nimmt uns ernst und bleibt in unserer Not auf unserer Seite. Er will uns nicht umoperieren, sondern sagt ja zu uns mit all unseren Ängsten, Sorgen, mit unserem Unvermögen.
Ich wünsche uns allen, dass wir uns auf diese heilende Kraft Gottes einlassen. Ich wünsche uns, dass wir uns selbst und die anderen annehmen können, nicht weil wir Idealen entsprechen, sondern weil wir Kinder Gottes sind, berufen zum Leben in Fülle.
Slawomir Dadas Pfarrer