„Sofort nach den Tagen der großen Not wird sich die Sonne verfinstern, und der Mond wird nicht mehr scheinen, die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Danach wird das Zeichen des Menschensohnes am Himmel erscheinen, dann werden alle Völker der Erde jammern und klagen, und sie werden den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf den Wolken des Himmels kommen sehen. Darum haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.“ Mt 24, 29-30.44
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
die diesjährigen Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten aber auch in Österreich kann man als sonderbar bezeichnen. Es liegt auf der Hand, dass die vier Kandidaten besonders dadurch auffallen, dass Sie vor den anderen warnen. Clinton warnte vor Trump, weil er sich mit den Russen verbünden möchte und dadurch die zumindest sanfte Diktatur unterstützen würde, Trump warnt vor Clinton, weil sie mit ihrer Nahostpolitik auf einen dritten Weltkrieg ziele. Van der Bellen warnt vor Hofer, weil unter ihm die Demokratie gefährdet wäre, Hofer vor Van der Bellen, weil bei seinem Sieg die österreichische Identität verloren ginge. Über die Inhalte der Warnungen müssen Sie sich selber Gedanken machen, aber für mich ist es besonders befremdend, dass die Wahlstrategen sich genau für eine solche Linie entschieden haben.
Denn jede Warnung hat etwas mit dem Gefühl der Angst zu tun und so sind beide Wahlen darauf bedacht, in den Mitbürgern Angst zu erzeugen. Nicht Freude auf die Zukunft, nicht Hoffnung auf neue gesellschaftspolitische Ideen, die möglichst vielen Menschen ein gutes Leben garantieren, sondern Angst und Dunkelheit stehen im Mittelpunkt der Wahlen. Nach den Auftritten der Kandidaten herrscht das Gefühl: Man wählt das geringere Übel. Je dunkler die andere Seite dargestellt wird, desto größer die Angst vor ihr und dadurch die Chance, dass meine Seite gewählt wird. Es ist schon absonderlich, dass nach den TV-Duellen die amerikanischen Kandidaten in einem Lügen-Vergleich dargestellt werden mussten, weil sowohl Trump wie Clinton offensichtlich und ohne Skrupel gelogen haben. Die selbst ernannten Messiasse dieses Jahres verwenden Worte, die die Dunkelheit erzeugen und sie beherrschen die Massen durch die Dunkelheit.
Als Gegensatz dazu beschäftigen wir uns heute mit den Worten, die das Licht in die Welt bringen können, mit der Botschaft, die die Menschen aus der Dunkelheit herausholen möchte.
Die Texte des ersten Adventsonntags sprechen vom Reich Gottes, vom anbrechenden Licht, das nur durch Gott in die Welt kommen kann. Dort, wo Gott und seine Herrschaft zugelassen werden, werden die Waffen zum lebenserhaltenden Werkzeug umgeschmiedet. Dort gibt es keine Gewalt, keinen Krieg, und keine Beherrschung des anderen . Wo Gott und seine Herrschaft zugelassen werden, gibt es kein Leben in Finsternis, die durch Angst geschürt wird, sondern das Leben des Vertrauens und der Freude, das Leben des Teilens und der Dankbarkeit. Wo Gott herrscht, denkt niemand mehr nur an sich selbst, weil er bereit ist, die Nöte und die Sorgen der anderen zu sehen.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
als Christen haben wir die Zusage, dass Gott mit uns geht, dass er die Dunkelheit unseres Lebens mit seinem Licht der Hoffnung erleuchtet, dass er für uns seinen Sohn Jesus Christus als Friedensbringer in die Welt sendet.
Gott will, dass wir nicht aus Angst das Leben gestalten, sondern aus der Zuversicht, aus dem Vertrauen, dass die Entscheidung für ihn das Leben in Frieden und Wohlstand für alle bedeutet. Gott will, dass wir, die in der Nachfolge Jesu stehen, Worte des Lichtes verwenden; solche, die die Welt erleuchten und zum Guten verändern. In der Praxis können das Worte des Trostes sein, Worte der Versöhnung, Worte, die aufbauen und Mut machen, Worte, die die Würde eines Menschen wieder herstellen. Möge der Advent, die Zeit, in der Gott bei uns ankommen will, eine Zeit der besonders aufbauenden Worte sein.
Ich wünsche uns allen, dass wir die sogenannte große Politik nicht nachahmen, sondern aus ihr lernen. Ich wünsche uns, dass wir mit unseren Worten nicht Angst und dadurch Dunkelheit verbreiten, sondern Zuversicht und Licht. Ich wünsche uns, dass wir uns selbst von Gottes Licht erleuchten lassen und als seine Boten, Boten des Lichts und der Freude, in der Welt wirken.
Slawomir Dadas, Pfarrer