„So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete. Als sie dort waren, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war. In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. Da trat der Engel des Herrn zu ihnen, und der Glanz des Herrn umstrahlte sie. Sie fürchteten sich sehr, der Engel aber sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden sollL Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr.“ Lk 4-11
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
viele von Ihnen, die in den letzten Tagen noch in den größeren Einkaufszentren oder auf den Weihnachtsmärkten unterwegs waren, haben eine neue vorweihnachtliche Erfahrung gemacht: Sie begegneten schwer bewaffneten Polizeibeamten, die als Patrouillen unterwegs waren. Ich habe mehrere von ihnen am Donnerstag in Linz auf der Landstraße gesehen. Die Reaktionen der Menschen darauf möchte ich zwischen Dankbarkeit und Verzweiflung einordnen. Bei mir ist dabei die Frage entstanden: Was wird damit bezweckt und welche Botschaft wird dadurch gesendet? Natürlich ist es mir bewusst, dass eine solche Präsenz bei einigen zum Gefühl der Sicherheit beiträgt und auf die potentiellen Kleinkriminellen eine abschreckende Wirkung haben kann. Es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass dadurch der dauerhafte Friede entsteht. Und wenn jemand so etwas glaubt, dann hat er aus der Geschichte und aus der Erfahrung anderer Staaten nichts gelernt. Denn in vielen orientalischen Ländern, ob in Israel oder Libanon, gibt es bereits seit Jahrzehnten bewaffnete Sicherheitskräfte, aber keinen echten Frieden. Es ist offensichtlich, dass man mit Waffen und mit der Demonstration der Stärke den Frieden nicht sichern kann.
Wenn es so ist, dann muss man sich fragen, welche Alternativen die westliche Welt hat, damit die Gewalt sich nicht weiter entwickelt und nicht noch mehr Opfer fordert.
Für mich gibt es nur eine einzige Alternative. Mag sein, dass sie vielen Politikern und vielen Wirtschaftsverantwortlichen unmöglich erscheint, weil sie nicht von ihnen erfunden wurde und mit ihrem Macht- und Habgiertreiben nichts zu tun hat. Es ist eine göttliche Alternative und sie heißt Weihnachten – das Fest, an dem die Gottesvorstellung vom Frieden gefeiert wird. Gott lebt uns vor, dass die Entscheidung für das Leben das Mittel gegen die Gewalt ist. Gott wird selbst das Leben, das Leben mitten unter den Menschen, den normalen Menschen.
Kein Gott der After-Show-Partys, kein Gott der Salons und der Absprachen, wer wann und mit wem die größten Geschäfte machen kann. Kein Gott der Mauer und der Abschirmung von der Öffentlichkeit. So leben und werden die sogenannten Stars und die Prominenten geboren, die der Welt keinen Frieden schenken können. Gott kommt in die Welt ohne Bodyguards und ohne Sicherheitskräfte mit Maschinengewehren. Die Krippe wurde nicht umstellt mit den himmlischen Heerscharen, bewaffnet mit den paradiesischen Schwertern, damit nur die Auserwählten ihn anschauen können. Er hat keine Angst; weil er gerecht ist, weil er niemanden in seinen Rechten beschneiden will, weil er keine Geschäfte auf Kosten der anderen machen will, weil er niemandem den Lebensraum zerstört, um des Profites willen. Gott hat keine Angst, sich dem Menschen auszusetzen, weil er als Freund kommt, der beschenken und nicht ausbeuten möchte, weil er zum Leben in Fülle einlädt und zu diesem Leben beiträgt.
Weihnachten ist die einzige Alternative zu Terror und Gewalt. Weihnachten, das aber nichts mit den Einkaufssonntagen und nichts mit der Steigerung der Umsätze zu tun hat. Die einzige Alternative ist Weihnachten als das Fest der Menschlichkeit, damit alle auf der ganzen Welt menschlicher leben können.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
es ist gut, dass Jesus nicht in einer vom Stacheldraht umzingelten Kaserne geboren wurde. Es ist gut, dass wir alle zu ihm einen Zugang haben und uns an seiner Vorstellung vom Frieden orientieren können. Gott in unserer Welt – wir in seiner Welt und mit seiner Botschaft gegen die Unruhen in der Welt, gegen Gewalt, gegen Ausbeutung und Unfrieden; aber immer mit der göttlichen Alternative, die uns sagt, dass die Liebe das Leben entwickeln lässt, dass der Glaube in den Schwierigkeiten stärkt und dass die Hoffnung in die Zukunft gehen lässt. Ich wünsche uns allen, dass wir Weihnachten als Fest des Lebens mit Gott feiern und seine Botschaft in die Welt tragen. Ich wünsche uns, dass die Welt sich für diese göttliche Alternative entscheidet und wir dadurch im Frieden und in Gerechtigkeit leben können.
Slawomir Dadas Pfarrer