„Der Engel aber sagte zu den Frauen; Fürchtet euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier, denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her und seht euch die Stelle an, wo er lag. Dann geht schnell zu seinen Jüngern und sagt ihnen: Er ist von den Toten auferstanden. Er geht euch voraus nach Galiläa, dort werdet ihr ihn sehen. Ich habe es euch gesagt. Sogleich verließen sie das Grab und eilten voll Furcht und großer Freude zu seinen Jüngern, um ihnen die Botschaft zu verkünden“. Mt 28, 5-8
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
in den heutigen Lesungen haben wir viel über die Schöpfungsgeschichte gehört. Aber wissen Sie eigentlich, wie alt die Umweltschutzbewegung ist? Die meisten von uns würden die Anfänge der Umweltaktivisten vielleicht in den 70-er Jahren des vorigen Jahrhunderts sehen. Und sie würden nicht so falsch liegen, weil gerade in dieser Zeit eine starke Auseinandersetzung mit der atomaren Bedrohung stattfand und 1970 das Europäische Naturschutzjahr abgehalten wurde. Trotzdem sehen einige Historiker den Beginn der Umweltbewegung um 1800, was damals mit der Holz Versorgungskrise zusammenhing und einige Jahre später die ersten Naturparks entstanden. So oder so – der Gedanke des Umweltschutzes entstand aus Angst, den Lebensraum zu verlieren und die Lebensqualität einzubüßen. Auch die Kirche entdeckte den Schöpfungsgedanken wieder. Autofasten, Kilometergeld für das Fahrradfahren sollen nur einige Beispiele sein, die dem Umweltschutz entsprechen sollen. Trotzdem glaube ich, dass diese Maßnahmen nicht zum Ziel führen und unsere Lebensqualität am Altar der industriellen Gier der Großmächte geopfert wird, wenn die Umwelt nur materiell gedacht wird. Ich vertrete hier natürlich nicht die esoterische Haltung, die in der Materie verschiedene Entwicklungsstufen und Frequenzen des „Einen-Göttlichen“ sehen und durch Baummeditationen den kaputten Wäldern helfen sollen.
Ich glaube, dass ein echter Umweltschutz erst dann möglich ist, wenn die Menschen wieder mehr zu Gott finden und die Schöpfung als eine Leihgabe Gottes und nicht als ihr Eigentum betrachten. Denn in der jüdisch-christlichen Tradition ist die Schöpfung ein Wert, weil sie der Ort ist, an dem Gott an den Menschen sein Heil wirkt.
Die biblischen Geschichten sprechen davon, dass Gott sich der Schöpfung bedient, um den Menschen seine Zuwendung spürbar zu machen; der Garten Eden als Ort der Liebe und des Friedens, das Rote Meer als Ort der Befreiung, das Universum als Ort des Glücks und der Freude, und endlich das leere Grab Christi als Ort des Glaubens und der Hoffnung, an dem die Sünde und der Tod besiegt werden.
Ich glaube, dass die Wiederentdeckung der Schöpfung als Raum, in dem Gott für die Menschen wirken möchte, für die Schöpfung mehr bedeuten würde, als die Wiederentdeckung des Fahrrades. Denn diese Haltung könnte man Neue Schöpfung nennen, in der Gott, Mensch, Tier und Pflanze am richtigen Platz wären.
Die neue Schöpfung im Sinne Gottes beginnt also dort, wo die Sünde besiegt wird; wo Gier in Solidarität verwandelt wird, wo die Sklaverei und die Geschäfte mit dem Menschleben der Freiheit weichen, wo die Liebe den Hass ersetzt, wo Vergeltung der Vergebung einen Platz macht, wo der Tod nicht mehr das letzte Wort hat, weil der Mensch sich auf die Seite Gottes – und dadurch des Lebens – stellt.
Die neue Schöpfung beginnt dort, wo man nicht versucht, Gott durch Ideologien, Moden oder Bequemlichkeit zu ersetzen, sondern wo man das eigene Leben auf Gott ausrichtet, und aus der Beziehung zu ihm Achtung vor jedem Menschen und jedem Geschöpf gewinnt und daraus die Einsicht, die Kraft und die Klugheit, die ihn zum glücklichen und friedvollen Leben führen.
Endlich beginnt die Neue Schöpfung dort, wo man die Sehnsucht nach Ewigkeit nicht vergraben hat, sondern sie wach hält und imstande ist, über die Grenze des Materiellen und Irdischen zu blicken. Denn gerade daraus entsteht auch die Bereitschaft, das Vergängliche zu genießen, aber das Unvergängliche zu lieben.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
Ostern ist kein Umweltschutzfest. Ostern ist das Fest des Friedens zwischen den Geschöpfen und Gott, ein Fest des Lebens, bei dem Gott, Mensch und Umwelt nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern für einander da sind. Es ist ein Fest der Liebe, die den Hass und den Tod besiegt. Ich wünsche uns allen, dass wir an diesem Osterfest eine besondere Einheit mit dem Schöpfer und mit der Schöpfung erfahren. Ich wünsche uns, dass uns die Auferstehung Christi hilft, Augen offen zu halten für das Wirken Gottes in der Welt, zum Heil aller Menschen.
Slawomir Dadas Pfarrer