Fest der Beziehung zwischen Gott und den Menschen

„Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt, und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.“ Joh 1, 14

Liebe Schwestern, liebe Brüder,
wenn man in unserer Zeit über die Geburten spricht, dann vor allem im Zusammenhang mit der Wirtschaft. Werden genug Kinder geboren, damit die Arbeitsplätze mit entsprechenden Fachkräften besetzt und das Pensionssystem erhalten werden können? Werden nur gesunde Kinder geboren, damit sie keine Belastung für das Geldtascherl der Gesellschaft darstellen?

Auf der anderen Seite wird heute mehr vom Recht auf Kinder gesprochen, als von Kindern als Geschenk. zu oft werden sie in Kategorie Zweckmäßigkeit  gesehen, weil sie zum gesellschaftlichen Nutzen oder zum privaten Wohlbefinden beitragen sollten.

Ich möchte nicht sagen, dass wir vor die Zeit der Intelligenz zurückfallen, weil auch unsere Vorfahren die Geburt immer wieder mit Absicherung in Verbindung gebracht haben. Ich habe aber das Gefühl, dass all das in der Geschichte nicht mit einem solchen Kalkül geschah. In den alten Kulturen waren die Kinder als besonderer Segen gesehen, weil sie die Zukunft des Stammes, der gelebten Werte, der Tradition der Familie erhalten konnten. So war die Geburt eines Menschen zumindest in den meisten Fällen ein freudiges Ereignis.

Die Freude über das Weihnachtsfest, die Freude über die Geburt Jesu hat natürlich einen ganz anderen Hintergrund. Es geht dabei nicht um die Wirtschaft, es geht nicht um einen privaten Nutzen. Worum geht es dann in dieser Heiligen Nacht?

Als ich jetzt vor Weihnachten zwei Begräbnisgottesdienste gehalten habe, ist mir bewusst geworden, dass das Fest der Geburt Jesu und der Tod sehr viel Gemeinsames haben. Es mag das für Sie merkwürdig klingen, weil wir eher zu Ostern vom Tod und dann natürlich von der Auferstehung sprechen. Heuer habe ich für mich entdeckt, dass das Weihnachtsfest und der Tod eines Menschen den gleichen Inhalt haben. Bei beiden geht es um die Begegnung mit Gott.

Es gibt aber einen kleinen oder großen Unterschied zwischen den beiden Ereignissen. Zu Weihnachten  kommt Gott uns entgegen. Er will bei uns wohnen, er will sich bei uns wohl fühlen, egal wie unser Leben ausschaut und er will uns mit seiner Botschaft beschenken, damit es uns gut geht.

Im Tod ist die Perspektive gerade umgekehrt. Im Tod geht ein Mensch Gott entgegen. Der Menschen will dann bei Gott wohnen, der Mensch will sich dann bei Gott wohl fühlen und die eigene Vollendung erfahren. Egal wie sein Leben ausgeschaut hat, möchte er dann, dass die Zusage des Heils ihm für ewig zugesprochen wird.

Es ist nicht meine Absicht, gerade heute an seinem Freudenfest bei Ihnen eine depressive Stimmung zu erzeugen, sondern der Weihnachtsfreude ihren ursprünglichen Sinn zurückzugeben. Denn sie hängt nicht damit zusammen, dass an diesem Tag ein hilfloses Leben im Mittelpunkt steht, sondern damit, dass Gott und ich bereits jetzt und heute einander begegnen können. Sie hängt nicht damit zusammen, dass wir heute ein paar nette Stunden verbringen, sondern damit, dass Gott ein Dauergast meines Lebens sein kann. Das ist der Grund der Weihnachtsfreude.

So geht es an diesem Tag um Begegnungen; um Begegnung mit Gott, um Begegnung miteinander in Sinne Gottes. Es geht darum, mich selbst und die Menschen meines Lebens als von Gott Beschenkte zu sehen, als solche, bei denen er ankommen, bei denen er Zuhause sein will.

Einige Fragen sind in dem Zusammenhang noch offen. Wenn er auf mich zugeht, gehe ich ihm dann entgegen oder warte ich in meinem gemütlich eingerichteten Heim? Will ich, dass er schnell bei mir ankommt, oder soll er sich Zeit lassen, weil ich derzeit anderwärtig beschäftigt bin? Egal – wichtig wäre es, dass ich ihm nicht davon laufe, und dass ich ins Leben hereinlasse, wenn er mich einholt.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,
Weihnachten ist nicht das Fest der Geburtenraten, damit die Wirtschaft gut funktioniert. Weihnachten ist nicht ausschließlich das Fest der eigenen Familie, sondern ein Fest der Beziehung zwischen Gott und dem Menschen, ein Fest der Begegnung, die ein Abbild der ewigen Begegnung mit Gott ist. Ich wünsche uns allen, dass es uns gelingt, Gott, der uns entgegen geht, aufzunehmen. Ich wünsche uns, dass wir die Weihnachtstage als Beziehungstage sehen, mit ihm, der unser Gast sein will und mit den anderen, die ihm wie wir einen Platz bereit halten.

Slawomir Dadas
Pfarrer