Mutterliebe spiegelt die Liebe Gottes

Man glaubts ja fast nicht, aber der Muttertag, den wir heute feiern, ist kein hoher kirchlicher Feiertag, Er wurde von amerikanischen Frauenrechtlerinnen erfunden und in den USA vor gut 100 Jahren eingeführt. Die Leistung der Frauen, die ein unbedanktes und unbeachtetes Leben zwischen Kindern und Küche führten, sollte wenigstens einmal im Jahr herausgestellt werden. Die Menschen sollten daran erinnert werden, welche Bereicherung für ihr Leben von diesen Frauen wie selbstverständlich ausgeht:

Wie sie sich aufopfern, nicht nur für ihre Kinder und ihren Mann, sondern auch noch für die Eltern und Schwiegereltern. Wie sie sich sorgen um das Wohlergehen ihrer Familie. Wie sie sich selber immer zurückstellen und wie sie selbstverständlich, unbedankt und unbezahlt für die Gesellschaft und deren Fortbestand arbeiten.

Was ist daraus geworden?

In den Kindergärten und Volksschulen gibt es den Fixpunkt: Basteln für den Muttertag. Die Blumengeschäfte boomen und auf Haushaltsgeräte gibt es Muttertagsrabatt. Dem Teletext war zu entnehmen, dass der Muttertag für den Handel der drittwichtigste Umsatzbringer nach Weihnachtnen und Ostern ist.

Die Kämpferinnen vor 100 Jahren haben ihr Ziel gründlich verfehlt. Es war naiv, anzunehmen, dass mit einem Erinnerungstag eine Aufwertung dieser  mütterlichen Leistungen gegenüber den angeblich männlichen Eigenschaften erreicht werden könnte, die da sind: Tapferkeit, Autorität, Konsequenz oder Härte.

Gehen wir zurück zum kirchlichen Fest, das wir heute feiern, und das mit dem Muttertag in keinem Zusammenhang steht. Im Evangelium hören wir aus den Abschiedsreden Jesu, in denen er seine Jünger ganz nachdrücklich, ja beschwörend seinem Vater ans Herz legt. Und in der Lesung geht es ganz viel über die Liebe. Aber recht unverständlich, fast verstörend.

„Wenn uns Gott so geliebt hat, müssen auch wir einander lieben.“ Und: „Wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm.“ Und über dem allen: „niemand hat Gott je geschaut“. Gott ist nicht zu fassen. Gott bleibt der immer andere, der Unbekannte, der oder das ganz Fremde.

Aber wenn wir einander lieben, dann sind wir in ihm, dann sind wir, dann sind Gott und ich einander ganz nah. Wie geht das zusammen?

Und spätestens jetzt wird es klar, dass das heutige kirchliche Fest doch etwas mit dem Muttertag zu tun hat. In der Wärme, die wahre Mütter verbreiten, können wir Gott spüren. Im Trost, den sie spenden, in der Fähigkeit, grenzenlos und immer wieder verzeihen zu können spüren wir Gott. In der Art, wie die Mütter zu den ihnen nahen Personen stehen, was immer geschehen mag und nicht auf den Verstand hören sondern nur auf ihr Herz spüren wir Gott. In den Müttern, die ihr Kind nicht und niemals aufgeben, ganz egal, was es auch angestellt hat. Auch dann noch, wenn der Lebensweg des Kindes krumm und manchmal auch hoffnungslos verläuft, in diesen Müttern wird die Liebe Gottes sichtbar.

Rudolf Bittmann
Diakon