Liebe Schwestern, liebe Brüder,
ohne Muttertag kein Vatertag – so könnte man die Entstehungsgeschichte dieses Festes beschreiben. Denn die Idee zum Vatertag wurde von der Einführung des Muttertags beeinflusst. In den Anfängen stand dabei die Idee im Vordergrund, einen amerikanischen Vater zu ehren, der seine Kinder alleine aufzog, nachdem seine Frau bei der Geburt des sechsten gestorben war.
Der österreichische Vatertag kann leider keine so rührende Anfangsgeschichte vorweisen. Es wird berichtet, dass er auf den Wiener Helmut Herz zurückgeht, der mit einem neuen Fest im Jahr 1955 auf die Textilkrise antworten wollte. Der Vatertag sollte in der Sommerzeit den Konsum wieder ankurbeln: nach dem Beispiel des „Herrentags“ in Deutschland. Im Laufe der Jahre ist seine Idee aufgegangen und es gibt Schätzungen, dass der Vatertag der österreichischen Wirtschaft bis zu 100 Millionen Euro jährlich bringt.
Aber der Vatertag hängt auch mit dem sich in der Gesellschaft veränderten Männerbild zusammen. Beim Bennen nur einiger Schlagzeilen im Zusammenhang mit den modernen Männern sehen wir sofort eine deutliche Spannung: Michael Meuser sagt: „Die Familie wird wichtiger, im Job werden Frauen zur Konkurrenz: Der gesellschaftliche Wandel fordert Männer heraus, sich neu zu positionieren.“ Miriam Hollstein beschreibt die Männersituation ganz kurz: „Der Mann von heute – Macho ist out, Softie nicht in“, und Daniel Erk schreibt: „Die Paarbeziehung war eine gesellschaftlich vorgeschriebene Aufgabenteilung, so komplex wie die Zuständigkeiten eines Messers und einer Gabel. Die perfekte Ergänzung, keinerlei Überschneidung oder Konkurrenz. Der Mann von heute soll dagegen ein Schweizer Taschenmesser sein: Je nach Umstand und Situation mal Nähnadel, mal Nagelschere, Feile oder Pinzette – und dann doch wieder Messer, Schraubenzieher oder gar Säge. Immer schön flexibel!“
Da Männer- und Vaterrolle eng zusammenhängen, habe ich in der Bibel nachgeschaut, welche Vaterbilder dort vorkommen. Sehr verkürzt gesagt, wird Gott in der Bibel vor allem mit Fürsorge und Verantwortung verbunden und dadurch als Ernährer, Beschützer und Helfer gesehen und dadurch als Vater angesprochen. In Jesus wurden diese Eigenschaften kurz Liebe genannt, aber sie können durch noch andere Begriffe beschrieben werden wie: barmherzig, suchend und nachgehend, damit es den Kindern gut geht und sie heil werden, wartend, damit sie den richtigen Weg finden, großzügig auf ihr Glück bedacht.
Der Vatertag – ein Tag einer Verantwortung, die man nicht abgeben kann, ein Tag eines besonderen Glücks und einer besonderen Rolle, die man mit der Zeit lernt, in die man hineinwachsen muss, die sich im Laufe des Lebens verändert aber nicht auslöscht.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
in der Vorbereitung auf diesen Gottesdienst habe ich einige Männer gebeten, mir ihre Vaterfreuden und Vatersorgen mitzuteilen. Es freut mich sehr, dass man in den Antworten – auch wenn vielleicht nicht ausdrücklich – die Eigenschaften der Liebe Gottes zu uns Menschen finden konnte. Denn die Sorge, dass die Kinder gesund bleiben, dass sie die richtigen Freunde und die richtigen Wegbegleiter, finden, ist nichts anders als die göttliche Liebe, die das Heil des Leibes und der Seele umfasst. Die Sorge darum, dass ich manchmal nichts tun kann, um den Kindern zu helfen, dass ich als mitfühlender Zuschauer da bin, ist ein Ausdruck der göttlichen Freiheit, sie losgelassen zu haben.
Auf der anderen Seite sind die Freuden da: über ihre Geburt, über ihr Heranwachsen, darüber dass sie sich Zuhause wohlfühlen, dass sie gerne kommen, um sich einen Rat zu holen, dass sie den ihnen vorgelebten Weg gehen, dass sie selbstständig werden, eigene Persönlichkeit entwickeln und auch als Geschwister füreinander da sind, dass sie gute Partner und Freunde gefunden haben. All das ist nichts anders als das göttliche Vertrauen, dass der Mensch den Weg des Heils findet.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
es kann sein, dass sich in den letzten Jahren das Männer- und dadurch das Vaterbild verändert hat. Es kann sein, dass es zu wenig Vorbilder gibt, wie man die Vaterrolle in einer modernen Welt übernehmen und glücklich leben sollte. Eines wird sich dabei nie verändern die Vaterrolle als Bezugsperson, die dem Kind den Weg zum Glück vorlebt, als Fürsorger, der für das Kind da ist, damit es sich entwickelt und Entscheidungen treffen kann, die es zum Leben in Fülle und zum Heil führen.
Slawomir Dadas Pfarrer