Liebe Schwestern, liebe Brüder,
wir stehen am Anfang des Advents. Er wird als eine Zeit im Jahreskreis gefeiert, die in der romantischen Stimmung kaum zu überbieten ist. Die Straßen werden zusätzlich beleuchtet; Leuchtsterne, Leuchtengel, Lichterketten und Leuchtchristbäume strahlen uns überall entgegen. Die Düfte der Kerzen, der Kekse, der gebratenen Maroni oder Äpfel oder auch der Bratwürstel laden zum Stehenbleiben und Verweilen an. Die schön dekorierten Häuser und Geschäftsauslagen, aber auch die manchmal schon nervige Musik, reißt uns zumindest ein wenig aus dem Alltag heraus.
Auch wenn uns diese Romantik immer wieder gut tut, spiegelt sie nicht die ganze vorweihnachtliche Stimmung wider. Denn sie spricht noch nicht viel von den Beschwerden einer schwangeren Frau, von der Herbergssuche als dem Gefühl, nirgends willkommen zu sein, von der Kälte, die nicht nur mit dem Wetter zusammenhängt, sondern mit der Verschlossenheit der Herzen und die durch einen Punsch nicht vertrieben werden kann, oder von der weihnachtlichen Botschaft, die zum Einsatz für den Frieden verpflichtet.
Diese Romantik ist gut und sie sollte einen Platz in unserem oft gestressten Alltag haben, aber sie darf nicht den Sinn und den Inhalt des Weihnachtsfestes verstellen. Sie muss uns tragen zu dem, was Gott mit Weihnachten meint, uns dir Türen öffnen zu dem Wesentlichen des Weihnachtsfestes.
Advent heißt Ankunft. Aber was kommt bei uns in dieser Zeit so richtig an? Was dringt durch durch die Nebeldecke des Kitsches, der uns vielerorts angeboten wird? Was wird zwar von uns gesehen und gehört, aber kann bei uns nicht ankommen, findet bei uns keinen Platz; weder in unseren Herzen noch in unseren Köpfen? Advent ist eine Zeit, in der wir über unsere Aufnahmefähigkeit und Aufnahmebereitschaft nachdenken. Will ich, dass Gott mit seiner Botschaft bei mir ankommt, bin ich für ihn offen, bin ich aufnahmebereit, wie Maria, unser Vorbild im Glauben? Advent ist eine sehr marianische Zeit. Sie, die ein Kind erwartet, bewegt uns zum Nachdenken über uns selbst; fern von jeder Romantik; von Lichterketten, Düften und Hektik.
Das „Ja“ Mariens zu Gott, ihre Offenheit und Aufnahmebereitschaft für seine oft herausfordernde Botschaft haben zwar etwas mit Bethlehem zu tun, aber sie enden dort nicht, sondern setzen sich fort bis zum Kreuzweg. Gerade dort in der Begegnung mit dem Kreuz tragenden Sohn merkt man, wer Maria war: eine Frau mit einem offenen Ohr für Gott, eine Frau, die sich auf ihn einlässt, ohne alles verstehen zu wollen, eine Frau, die mit ihm geht, egal wohin der Weg führt, eine Frau, die der Not nachgeht und sich von ihr berühren lässt.
Das war Maria. Das ist Maria für viele Menschen außerhalb der weihnachtlichen Romantik. Können wir die Gestaltung des Advents von Maria lernen? Wie kann ein marianischer Advent ausschauen? Ganz einfach:
- zur Romantik dazu eine ganzheitliche Offenheit, damit die Botschaft Gottes bei mir ankommen und durch mich andere erreichen kann
- zum Glühwein dazu ein warmes Herz, das sich berühren lässt, von der Not der anderen Menschen, die nicht viel zum Erwärmen haben
- zu den Lichterketten dazu eine aufmerksame Haltung, die mir hilft, die Dunkelheit der Welt wahrzunehmen und ein wenig Licht in sie hinein zu bringen
- zu den Gerüchen dazu eine Sensibilität, die mir unterscheiden hilft, was wichtig, was wesentlich ist und in welche Richtung ich die Schritte meines Lebens setzen soll.
Advent – nicht nur eine romantische Zeit, sondern eine Zeit der Menschlichkeit, weil Gott Mensch wird und will, dass wir Menschen für einander werden. Advent – eine Zeit, die mir geschenkt wird, damit ich mich auf das große Geschenk Gottes vorbereite: auf die Ankunft Gottes in meinem Leben, damit er durch mich wirken kann und damit ich zum Boten des Friedens, der Wärme und des Lichtes werden kann.
Pfarrer Slawomir Dadas Foto: Felix Eichberger