„Brüder und Schwestern! Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch! Eure Güte werde allen Menschen bekannt. Der Herr ist nahe. Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und Flehen eure Bitten mit Dank vor Gott! Und der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in der Gemeinschaft mit Christus Jesus bewahren.“ Phil 4, 4-7
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
jede und jeder von uns erlebte bereits Momente der Freude. Einige von ihnen betreffen öffentliche Ereignisse, die anderen beziehen sich auf ganz private Erfahrungen. Sie unterscheiden sich ganz deutlich von einander und sind zum Teil nicht vergleichbar. Denn es ist etwas anderes, wenn ein ganzes Stadion nach einem Siegestreffer in der 90. Minute brüllt und etwas anderes, wenn die Augen einer Mutter strahlen, weil das Kind die ersten eigenen Schritte macht. Es ist etwas anders, wenn eine Schulklasse einen Freudenschrei auslässt, weil die letzten zwei Stunden des Unterrichtes ausgefallen sind und etwas anderes, wenn jemand aus dem Krankenhaus entlassen wird, weil sich eine befürchtete Diagnose nicht bestätigt hat.
Nicht jede Freude ist laut, nicht jede hat etwas mit Spaß zu tun, mit einem Adrenalinkick, mit der Unterhaltungsindustrie.
Es gibt Freuden, die geschenkt werden, die sich ergeben, die ganz leise sind, still mit sich selbst oder nur mit der engsten Umgebung. Freuden, die es nicht brauchen, mit Tausenden geteilt zu werden. Es sind Freuden, die tragen, die uns Mut machen, die Hoffnung schenken und die das Vertrauen in die Zukunft stärken. Denn es sind Freuden, die sich auf das Wesentliche des Lebens beziehen. Der dritte Advent Sonntag, auch Gaudete-Sonntag genannt, richtet unseren Blick auf die Freuden, die mit Glauben verbunden sind. Ja, gerade mit dem Glauben, auch wenn dieser bei einigen Menschen unserer Zeit als Spaßkiller gesehen wird.
Was sind also die Freuden, die uns von Gott geschenkt werden? Warum sollte sich für uns gerade durch die Beziehung zu Gott eine Tür zur Freude öffnen? Um dieser Frage nachzugehen, muss man sich ein wenig dem eigenen Gottesbild zuwenden. An welchen Gott glaube ich? Welche Rolle soll er in meinem Leben spielen?
Wenn Menschen an einen Gott glauben, der sie ständig bewachen und beschützen und vor allem Bösen behüten sollte, dann werden sie schnell merken, dass sie von ihm im Stich gelassen werden. Denn einen solchen Gott gibt es nicht. Auch jene, die glauben, Gott sei dazu da, um ihnen alle Wünsche zu erfüllen, und ihren Spaßfaktor im Leben zu erhöhen, werden von ihm enttäuscht sein.
Gott ist keine Unterhaltungsindustrie, er ist nicht der Diktator des Lebens, der uns vorgibt, was wir zu tun haben, um es zu benoten und zu belohnen. Gott ist der Ursprung des Lebens, der Begleiter unserer Tage in einer freien, von uns mitbestimmten Welt und er ist die Vollendung in all jenen Situationen, die die menschliche Kraft und Fähigkeit übersteigen.
Gott ist der Gastwirt des Lebens, der uns alle möglichen Gerichte serviert, die dem Leben und seiner Entwicklung dienen. Sie ziehen uns nicht immer auf den ersten Blick automatisch an und sie schmecken nicht immer gleich nach dem ersten Biss. Sie sind wie eine Alternativkost; meistens im Gegensatz zum Fastfood der Welt, im Gegensatz zu den frittierten Freuden, mit vielen Kalorien aber wenig Vitaminwert fürs Leben.
Gott ist der Gastwirt des Lebens, der uns zeigt, dass manchmal ganz wenig mehr bedeutet als die wertlose Menge. Die Freuden also, die mit Gott verbunden sind, haben einen anderen Charakter, als der schnelle, immer durch neue Impulse erzeugte Spaß. Es sind Freuden, die mich als Person betreffen. Freude, weil Gott sich über mich freut, nicht weil ich so viel leiste, nicht weil ich mich so bemühe, meiner Vorstellung vom ihm zu entsprechen, nicht weil mich die anderen bewundern, sondern er freut sich, weil ich ihm vertraue, weil ich mit ihm unterwegs bin, weil ich von ihm das Heil und die Rettung erwarte. Freude, weil ich durch ihn Zusagen habe, die mich und meine Lieben betreffen; dass er auf uns schaut, dass er uns in Schwierigkeiten nicht alleine lässt, dass er Kraft gibt oder tröstet und mich immer nach vorne schauen lässt – auch über die Grenzen hinaus, die wir Menschen alleine nicht besiegen können. Freuden, weil ich in Genügsamkeit glücklich sein kann, weil ich mich von der Welt nicht unter Druck setzen lassen und nicht den Erwartungen der Gesellschaft entsprechen muss, um etwas zu gelten, um das Gefühl zu haben, ich bin wer, denn für Gott bin ich immer besonders, einzigartig, wertvollst. Freuden, weil mich genau dieses Wissen von den Zwängen befreit, mich mit innerem Frieden erfüllt und mir hilft, einen Weg zu gehen, der mir und den anderen gut tut; der mir bewusst macht, dass mein Wert nicht im Besitz und nicht in der Leistung, sondern in den Beziehungen, im Vertrauen, in der gegenseitigen Wertschätzung liegt.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
die Tür zur Freude geht auf, weil wir kurz vor Weihnachten stehen und dadurch die Zusage Gottes an uns schon greifbar ist. Gott will mein Heil, Gott will mein Glück, Gott will ein erfülltes Leben für mich und für die ganze Welt. Gott will, dass die Menschlichkeit zu herrschen beginnt. Gott will, dass meine Freude im Leben, in den Beziehungen zu ihm und zu einander begründet ist.
Ich wünsche uns allen, dass wir die Tür zur Freude offenhalten und wir dadurch die Welt mit Gottes Frieden und mit Gottes Güte erfüllen können.
Slawomir Dadas Pfarrer