Das Heil Gottes sei allen Menschen gegönnt

Sie wollten Jesus den Berg hinabstürzen, sie wollten ihn umbringen. Aber warum? Ja gut, er bezieht die Ankündigung des Messias durch den Propheten Jesaia auf sich und sagt: diese uns versprochene Zeit des Heils ist jetzt gekommen, ist mit mir gekommen.

Im Grund sagt er damit: ich bin der, der euch vorhergesagt ist. Ich bin der Messias. Eine heikle Aussage, aber da haben die Leute ja gestaunt und ihm zugestimmt. Ja, sie sind begeistert. Jesus war ja schon bekannt für seine Wundertaten. Und dass der Prophet in seiner Heimat nichts gilt, das ist ja schlicht eine Tatsache, das ist heute noch genau so. Warum sollten sie Jesus deshalb töten?

Ein kleiner Rückblick in die Religionsgeschichte: Die Juden bezogen ihr Selbstverständnis aus der Tatsache, dass Gott mit ihnen und nur mit ihnen den Bund geschlossen hat, dass Israel das auserwählte Volk Gottes ist. Und da kommt jetzt Jesus mit Zitaten aus der Schrift, die das so gar nicht bestätigen. Elija wurde in der großen Hungersnot zu keinem aus dem erwählten Volk gesandt, nur zur Witwe aus Sarepta – zu einer Phönizierin, einer Heidin. Und von den vielen Aussätzigen, die es in Israel zur Zeit Elischas gab, wurde keiner geheilt. Nur der Syrer Naaman, ein Heide. Das war zuviel. Heil schenkt Gott nur Israel. Wenn da jemand etwas anderes behauptet, dann ist das Gotteslästerung und daruf steht die Todesstrafe.

So war das damals. In unserer Denkweise wirkt das natürlich lächerlich , beschränkt geradezu. Wirklich?

Auch die ersten Christen haben so gedacht. Petrus war der festen Überzeugung, dass man, um Christ zu sein zuerst Jude werden müsse. Da gab es erbitterten Streit zwischen Petrus und Paulus. Paulus hat sich durchgesetzt und das Christentum geöffnet für alle, nicht nur für die Juden. Aber dann haben die Christen das Selbstverständnis der Juden für sich übernommen. Heil gibt es nur für uns Christen. Vor ungefähr 700 Jahren wurde das sogar als Dogma festgelegt.  Jetzt kann man natürlich argumentieren, dass Jesus selbst gesagt hat: „ich bin der Weg und niemand kommt zum Vater, außer durch mich“. Nur, was heißt das genau. Jesus hat auch gesagt, dass wir ihm in unseren Mitmenschen begegnen. Und dass alles, was wir den geringsten seiner Schwestern und Brüder tun, ihm tun. Sollte das nur für Christen gelten? Ist das, was ein Christ tut vor Gott mehr wert als das, was ein Nichtchrist tut? Oder tut ein Mensch, der nicht an Christus glaubt, aber anderen Menschen Gutes tut und für seine Mitmenschen da ist, doch auch Christus Gutes? Und begegnet so dieser, in unseren Augen ungläubige Mensch nicht auch Christus?

Die Beispiele, die Jesus anführt zeigen, dass Gott anders ist. Gott läßt sein Heil auch denen zukommen, die nicht  „dazugehören“.

Wir dürfen dankbar sein, dass wir zu dieser Kirche gehören, die uns den Weg zu Jesus zeigt und uns auf diesem Weg unterstützt. Aber wir sollten den anderen, denen, die nicht dazugehören, das Heil nicht absprechen.  Vielleicht sind wir Jesus näher, wenn wir auch diesen anderen, den Fremden, das Heil Gottes von ganzem Herzen gönnen.

Rudolf Bittmann
Diakon