„So spricht der Herr: Verflucht der Mann, der auf Menschen vertraut, auf schwaches Fleisch sich stützt, und dessen Herz sich abwendet vom Herrn. Er ist wie ein kahler Strauch in der Steppe, der nie einen Regen kommen sieht; er bleibt auf dürrem Wüstenboden, im salzigen Land, wo niemand wohnt. Gesegnet der Mann, der auf den Herrn sich verlässt und dessen Hoffnung der Herr ist. Er ist wie ein Baum, der am Wasser gepflanzt ist und am Bach seine Wurzeln ausstreckt: Er hat nichts zu fürchten, wenn Hitze kommt; seine Blätter bleiben grün; auch in einem trockenen Jahr ist er ohne Sorge, unablässig bringt er seine Früchte.“ Jer 17, 5-8
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
sind Sie manchmal mit dem Auto in Regionen unterwegs, die Sie nicht kennen? Was machen Sie, damit Sie trotzdem das Ziel erreichen? Vor dreißig, vierzig Jahren hat man eine Landkarte genommen, sie genau studiert bevor man sich ins Auto gesetzt hat. Dann ist man losgefahren, hat auf die Verkehrszeichen, Hinweisschilder geachtet und hier und dort sogar nachgefragt, weil die Beschilderung nicht immer klar war. Dass man sich manchmal verfahren hat, gehörte zu den Freuden solcher Reisen und war einkalkuliert. Heutzutage schaut die Sache anders aus. Beim Reisen verlässt man sich voll auf das Navigationsgerät, das zwar nicht unfehlbar ist, uns aber trotzdem in den meisten Fällen schnell und sicher ans Ziel bringt.
Wenn wir dieses Bild und die angesprochene Entwicklung auf das Leben übertragen, stellt sich die Frage: wie ist das mit der Fahrt des Lebens? Hat man in unserer Zeit technische Mittel, die uns helfen, das Lebensziel zu entdecken, zu formulieren und zu erreichen? Gibt es Navigationsgeräte für das menschliche Leben oder irren die meisten umher auf der Suche nach dem, was sie erfüllt, was ihrem Leben einen Sinn gibt, was ihnen vermittelt, dass sie wertvoll, wichtig und geliebt sind?
Scheinbar gibt es keine solchen technischen Hilfen. Und ich wage zu behaupten, dass die moderne Zeit den Menschen auf seinem Lebensweg vor allem verwirrt und von dem Wesentlichen im Leben entfernt hat, ihn im Kreis schickt.
Ein nur kleiner Beweis dafür ist die neueste Umfrage eines Linzer Marktforschungsinstituts. Einerseits belegt sie, dass es in der Gesellschaft eine enorme Orientierungslosigkeit gibt, auf der anderen Seite, dass es Versuche gibt ihr entgegenzusteuern, durch den Wunsch nach der Harmonie in der Familie, nach sozialer Sicherheit, nach freiem Leben, Geld oder Eigentum. Ob genau diese Ziele einem Menschen helfen, den Lebenssinn zu finden, sich in seiner Gesamtheit als leibliches und geistiges Wesen zu erfahren und mit Freude anzunehmen, bezweifle ich.
Der Mensch der modernen Zeit setzt vor allem auf die vergänglichen Werte, auf kurze Erfolgserlebnisse, auf austauschbare Reize, die ihm keine dauerhafte Zufriedenheit und keine Fülle des Lebens bringen. Solchem Streben begegnet die heutige Lesung mit einem Fluch:
„Verflucht der Mann, der auf Menschen vertraut, auf schwaches Fleisch sich stützt, und dessen Herz sich abwendet vom Herrn. Er ist wie ein kahler Strauch in der Steppe, der nie einen Regen kommen sieht; er bleibt auf dürrem Wüstenboden, im salzigen Land, wo niemand wohnt.“ (Jer 17,5-6)
Ist dieser Fluch aus dem Buch des Propheten Jeremia heute – wie schon öfters im Laufe der Geschichte – Realität geworden? Erlebt der Mensch unserer Zeit nicht die Perioden der Dürre in den zwischenmenschlichen Beziehungen, die Hungersnöte nach Angenommen-, Aufgerichtet-, Geliebtsein? Wohin führt uns das Navigationssystem der modernen Zeit, das sich nicht nach dem Göttlichen und nicht nach dem Herzen richtet, sondern nach dem Vergänglichen und nach dem Mammon? Dieses Navigationssystem führt uns in die zwischenmenschliche Wüste. Es führt uns in eine Gegend, in der nicht mehr der Mensch zählt, sondern seine Leistung und seine Produktionsfähigkeit, in der nicht mehr nach den Bedürfnissen und Gefühlen des Menschen gefragt wird, sondern nach seiner Brauchbarkeit für die Bereicherung der Reichen.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
wenn wir glücklich leben und den Sinn des Lebens finden wollen, dann müssen wir die Landkarte herausholen, die uns ins Herz geschrieben ist. Auf ihr steht Gott als Ziel unserer Reise. Die Wege zu ihm sind nicht immer einfach aber sicher gut, nicht immer schnell aber sicher wertvoll, nicht immer mit Spaß verbunden aber in jedem Fall schön. Denn die Wege zu ihm führen durch die Freude und durch die Trauer, durch Enttäuschungen und durch kleine Erfolge aber immer mit seinem Segen, also mit seiner Zusage, dass er mit uns geht und uns begleitet.
Ich wünsche uns allen, dass wir in unserer Gesellschaft zu denen gehören, die das Leben auf Gott und seine Werte ausrichten. Ich wünsche uns, dass wir unsere Hoffnung nicht auf das Vergängliche setzen, sondern auf Jesus, den Auferstandenen, der uns zur Fülle des Lebens schon hier beruft und uns mit der Vollendung in seinem Reich beschenken möchte.
Slawomir Dadas Pfarrer