Hand aufs Herz, haben Sie genau verstanden, was Jesus (Joh 16, 12-15) da sagt? Ich nicht, aber das macht nichts. Man muss nicht immer alles verstehen und ich habe es schon oft erlebt, dass mir unverständliche Stellen im Evangelium plötzlich sehr viel gesagt haben. Ich werde es auch bei dieser erwarten können.
Sie passt jedenfalls zum heutigen Fest, dem Dreifaltigkeitssonntag. Die Heilige Dreifaltigkeit, die ist ja auch ein Mysterium, ein Geheimnis. Geheimnisse verleiten uns Menschen dazu, sie aufklären zu wollen. Ob es aber wirklich Sinn macht, hinter göttliche Geheimnisse kommen zu wollen? Das Geheimnis wäre dann ja keines mehr. Und ein Gott, den wir entschlüsselt haben, den wir erklären, definieren können, der wäre kein Gott mehr.
Ich werde jetzt daher sicher nicht versuchen, das Geheimnis der Heiligen Dreifaltigkeit zu lüften und den vielen, untauglichen Bildern, die dieses Geheimnis aufdecken wollen, ein weiteres, mindestens ebenso untaugliches hinzufügen.
Andererseits, die Heilige Dreifaltigkeit ist nun einmal da, ist ein wesentlicher Glaubensinhalt. Irgendwie müssen wir damit umgehen. Ich möchte Ihnen daher erzählen, wie ich umgehe mit diesem Geheimnis der Heiligen Dreifaltigkeit. Dazu muss ich zuerst ein bisschen etwas von mir preisgeben, aber ich bin sicher, Sie werden das alles auch irgendwo auf sich übertragen können.
Ich habe einen Sohn, einen wunderbaren Sohn. Unser Verhältnis zueinander ist sehr gut. Und es ist recht vielschichtig. Manchmal, als er noch klein war, da war ich für ihn der, der alles kann, der alles zuwege bringt, für den es kein Hindernis gibt und der alles richten kann. Und der gleichzeitig hin und wieder Entscheidungen getroffen hat, die er nicht verstehen konnte, gegen die er sich auflehnte, protestierte. Entscheidungen, die er aber schließlich hinnahm. Weil ihm nichts anderes übrig geblieben ist, und wohl auch aus der Erfahrung, dass sie letztlich ja gut für ihn waren.
Manchmal konnte und kann ich ein Freund für ihn sein, ein Kumpel. Auf gleicher Augenhöhe. Mit dem er lachen kann und traurig sein kann, dem er erzählen kann, was ihm auf dem Herzen liegt, der ihm zuhört, der ihn ernst nimmt. Und er ist mein Freund, dem ich mich öffnen kann. Wir beraten einander, sind gerne zusammen, sind füreinander da, immer, wenn der eine den anderen braucht.
Und manchmal, meist dann, wenn es richtig ans Eingemachte geht, dann merken wir, dass wir eins sind, dass da dieselben Gedanken sind. Wo ich mich in ihm wieder erkenne, und er sich vielleicht auch in mir.
Übrigens, ich habe auch eine wundervolle Tochter, und mit der ist das genau so. So ähnlich, wie das mit meinen Kindern ist, so geht’s mir mit Gott.
Manchmal brauche ich den großen Gott über mir, diesen Vater des Himmels und der Erde, der alles geschaffen hat. Den Gott, der über allem steht, unantastbar, unangreifbar. Der Gott, mit dem ich Mauern überspringen kann. Und zwischendurch passiert es auch immer wieder, dass ich seinen Willen, seinen Weg nicht verstehe. Dass ich mich auflehne, rebelliere, dass ich aber letztlich akzeptiere, aus Einsicht, oder weil mir nichts anderes übrig bleibt.
Manchmal brauche ich den Gott, der neben mir ist, der mich begleitet, der sich auf meine Augenhöhe begibt. Der mir vorangeht, den Weg zeigt, mir Beispiel gibt. Der mir zuhört und mich ernst nimmt. Und, und das vor allem, der weiß, wie es ist, so als Mensch.
Und manchmal brauche ich es, den Gott in mir zu finden. Den Gott, der mich, mich selbst, mit etwas göttlichem Glanz erfüllt und mir wahre Würde gibt, so wie allen meinen Mitmenschen. Manchmal brauche ich den Gott, der mich mit Liebe anfüllt, die ich dann weiter schenken kann.
Wie gesagt, das alles soll und kann kein Bild für die Dreifaltigkeit sein, keine Erklärung und schon gar keine theologische, wissenschaftliche Wahrheit. Das Geheimnis soll Geheimnis bleiben.
Aber so ist mein Gott, meine Heilige Dreifaltigkeit.
Rudolf Bittmann Diakon