Mähren – Slowakei 4. Tag

Dienstag

Da es in der Früh regnet, wird das Programm geändert und wir fahren 37 km nach Käsmark an der Popper, erstes Ziel in der angrenzenden und ebenfalls südlich der Tatra gelegenen Zipser Region. Im 13. Jh. von den Zipser Sachsen besiedelt, gehörte die Stadt dem Bund der 24 Zipser Städte an und hatte bis ins 20. Jh. eine deutsche überwiegend evangelische Bevölkerungsmehrheit. Sie erhielt deshalb 2017 den Titel einer „Reformationsstadt Europas“ verliehen. Ein Anteil von etwa 14 % Juden fielen den Nazis zum Opfer. Bei unserer Ankunft hat der Regen aufgehört und wir besichtigen als erstes die Artikularkirche (Name für evang. Holzkirchen in der Slowakei) von 1717, die den Grundriss eines griechischen Kreuzes hat und mit einem Außenputz versehen ist. Sie gilt als ein Unesco-Weltkulturerbe. Zur Zeit ihrer Errichtung durften die Evangelischen ihre Kirche nur außerhalb der Stadtmauer, nur ohne Turm und nur aus Holz bauen. Das Innere der rundgewölbten Kirche ist ungemein bunt bemalt und erregt bei allen großes Erstaunen.

Anschließend geht es zu der großen daneben stehenden Neuen evang. Kirche. Sie wurde nach Plänen von Theophil Hansen (Architekt des österr. Parlaments) 1894 mit byzantinischen, romanischen und orientalischen Elementen erbaut und war ursprünglich für Jerusalem vorgesehen. Im Innern befindet sich das Mausoleum von Imre Thököly, des ehemaligen Burgherrrn der Stadtburg. Er war der Anführer der Kuruzzen, die im 17. Jahrhundert durch ihren Aufstand gegen die Habsburger in Ungarn und auch in der Oststeiermark schwerste Verwüstungen verursachten. Die Erinnerung an sie ist durch den Ausspruch „Kruzitürken“, das heißt Kuruzzen und Türken, bis heute erhalten geblieben.

Das schöne Rathaus hat einen großen Turm mit barocker Zwiebel. Neben der röm. katholischen Kirche zum Heiligen Kreuz aus dem 14. Jh., einer gotischen Hallenkirche (drei gleich hohe Kirchenschiffe), die 1998 zur Basilica minor erhoben wurde, befindet sich ein freistehender Renaissance-Glockenturm. Der Hauptaltar gilt als einer der schönsten gotischen Flügelaltäre der Slowakei. An der linken Seitenwand steht ein hohes Sakramentshäuschen. Bis zum Konzil von Trient diente es allgemein zur Aufbewahrung des Allerheiligsten und wurde dann durch einen Tabernakel auf dem Altar ersetzt. Daneben gibt es vier weitere prächtige Altäre, die zum Teil Meister Paul von Leutschau zugeschrieben werden. Die gotische, im Renaissancestil umgebaute Stadtburg findet heute als Museum Verwendung. In dem großen Innenhof, wo nach dem Eingang verschiedene Greifvögel (früher Raubvögel genannt) präsentiert werden, und ein kleines Denkmal an 9 im November 1944 umgekommene Widerstandskämpfer erinnert, machen wir bei Sonnenschein eine ausgiebige Mittagspause.

Es geht dann zum touristischen Zentrum der Tatra, ins Skigebiet und Luftkurort Tatranska Lomnica. Nachdem es kurz geregnet hat, haben wir Glück und können bei schönem Wetter mit der Seilbahn zum Skalnate pleso (Steinbachsee) auf eine Höhe von 1.750 m (2. Station der zur Lomnitzerspitze, zweithöchsten Berg der Tatra, führenden Gondelbahn) hinauf fahren. Es befindet sich dort das Tatra-Observatorium und ein kleiner von vielen Blumen gesäumter See, der von etlichen umrundet wird. Der Gipfel des Berges selbst ist weitgehend von Wolken eingehüllt.

Der Bus bringt uns dann wieder nach Strbske Pleso ins Kempinski zurück. Es geht überwiegend durch Jungwald mit einzelnen hohen Fichten. Am 19. November 2004 hatte ein fürchterlicher vierstündiger Orkan ca. 12.000 Hektar Wald der Tatra vollständig vernichtet und einen gleich großen Teil davon schwer geschädigt. Einige nützen noch den schönen Abend für einen Spaziergang um den daneben liegenden See mit Blick auf die große Sprungschanze und die Gipfel der Tatra, andere für eine Erholung im Spa.

Reisebericht: Magdalena und Hans Kalchmair
Fotos: Slawomir Dadas, Ingrid Scherney