Der Mensch denkt und Gott geht mit

„Die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten. Sie erzieht uns dazu, uns von der Gottlosigkeit und den irdischen Begierden loszusagen und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben, während wir auf die selige Erfüllung unserer Hoffnung warten: auf das Erscheinen der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Retters Christus Jesus. Er hat sich für uns hingegeben, damit er uns von aller Ungerechtigkeit erlöse und für sich ein auserlesenes Volk schaffe, das voll Eifer danach strebt, das Gute zu tun.“ Tit 2, 11-14

Liebe Schwestern, liebe Brüder,
vor kurzem haben ich folgenden Spruch gelesen: „Willst Du den Herrgott zum Lachen bringen, dann verrate ihm deine Pläne.“ Er entspricht dem österreichischen Sprichwort: „Der Mensch denkt und Gott lenkt“. Auch wenn der erste Satz im Vergleich zu dem zweiten ein wenig leichter wirkt, ist der Inhalt der beiden Sprüche aus meiner Sicht gleich. Der Mensch bekommt nicht alles, was er geplant hat, weil Gott oft andere Pläne mit ihm hat. Ja, wie schön hat sich der Mensch manchmal seine Zukunft vorgestellt: brave Kinder, die einen guten Beruf erlernt haben, in sicheren Beziehungen leben und natürlich die Werte ihrer Eltern vertreten, gesunde Enkelkinder, die mit ihren großen Augen und mit einem süßen Lächeln alle in der Nachbarschaft zum Schmelzen bringen und für sich selbst noch eine gute, gesunde Zeit in der Pension, damit man das Leben noch ein wenig genießen kann, weil man vorher dazu kaum Zeit hatte.

Und plötzlich – gemäß dem Sprichwort – tritt Gott in das Leben des Menschen ein und dreht an den Schicksalsschrauben. Auf einmal gehen die Kinder ihre eigenen Wege und wollen schon gar nicht das, was die Eltern wollen. Auf einmal sind die Enkelkinder nur süß, solange sie noch nicht reden können und solange die Oma immer das kocht, was sie sich wünschen und natürlich solange sie regelmäßig das Taschengeld aufbessert. Auf einmal, obwohl anders geplant, wird man krank, und statt im Süden am Strand zu liegen, sitzt man im Wartezimmer eines Facharztes. Gott gegen Mensch – weil sich der Mensch scheinbar alles zu schön zusammengereimt hat, was Gott überhaupt nicht schmeckt? Wenn es wirklich so wäre, dann verstehe ich langsam das Weihnachtsverhalten vieler Menschen. Denn gerade zu Weihnachten benehmen sich viele, als ob sie das Sprichwort umdrehen wollten, um Gott seine Bosheit zurückzuzahlen. Zu Weihnachten gilt bei vielen Menschen: Gott denkt und der Mensch lenkt.

Glauben Sie es nicht? Dann hören Sie noch einmal Ausschnitte aus der zweiten Lesung: Gnade Gottes ist erschienen und erzieht uns dazu … besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben. … Christus Jesus erlöst uns von unserer Schuld, um sich ein reines Volk zu schaffen, das voll Eifer danach strebt, das Gute zu tun.

Gott stellt sich Menschen vor, die fromm und gerecht leben, eine große Schar, die er sein Volk nennt, das voll Eifer das Gute tut. Gott stellt sich einen Menschen vor, der sich seiner Schuld bewusst ist, sie von Gott heilen lässt und als Dank dafür das Leben auf das Gute ausrichtet.

Und plötzlich – gemäß dem umgedrehten Sprichwort – tritt der Mensch in die Pläne Gottes ein und dreht an den Schicksalsschrauben. Auf einmal ist das fromme Leben fad und die Gerechtigkeit hat sowieso keinen Sinn. Auf einmal gibt es keine Schuld und dadurch nichts zu vergeben und auch keine Dankbarkeit dafür. Auf einmal ist das Volk Gottes als die Gemeinschaft der Gläubigen nur dann gut, wenn sie mir mehr bringt, als ich in sie investieren muss. Mensch gegen Gott, weil sich Gott scheinbar alles zu schön zusammengereimt hat, was dem Menschen überhaupt nicht passt.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

wenn wir dieses Sprichwort auf Weihnachten umlegen wollen, dann muss es heißen: Der Mensch denkt und Gott geht mit, auch wenn der Mensch manchmal auf Umwegen irrt. Denn Weihnachten ist kein Fest Gott gegen Mensch, sondern, wie der Name Jesu sagt: Immanuel also Gott mit uns – Gott mit dem Menschen. Weihnachten ist ein Fest, am dem die guten Pläne Gottes für den Menschen, Pläne vom Frieden, von der Gerechtigkeit, vom Eifer für das Gute, von einer Gemeinschaft, in der jede und jeder einen guten Platz hat, in Erinnerung gerufen werden.

Ich wünsche uns allen, dass es uns gelingt, diese Pläne Gottes zu eigenen zu machen. Ich wünsche uns, dass wir nicht versuchen, Weihnachten gegen Gott zu gestalten, die Pläne Gottes zu verändern, sondern uns auf den einlassen, der mit uns geht, damit wir ein gutes friedvolles Leben mit ihm und unter einander haben.

Slawomir Dadas
Pfarrer