„Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt; antwortet aber bescheiden und ehrfürchtig, denn ihr habt ein reines Gewissen, damit jene, die euren rechtschaffenen Lebenswandel in Christus in schlechten Ruf bringen, wegen ihrer Verleumdungen beschämt werden. Denn es ist besser, für gute Taten zu leiden, wenn es Gottes Wille ist, als für böse. Denn auch Christus ist der Sünden wegen ein einziges Mal gestorben, ein Gerechter für Ungerechte, damit er euch zu Gott hinführe, nachdem er dem Fleisch nach zwar getötet, aber dem Geist nach lebendig gemacht wurde.“ Lesung 1 Petr 3,15-18
Liebe Schwestern und Brüder,
„Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt.“ Das verlangt Petrus von uns. Als junger Mensch war das für mich ganz klar die Aufforderung, zu seiner Überzeugung zu stehen, sich als Christ zu deklarieren. Bekenner zu sein, das klingt ja ziemlich großartig, heroisch. Später bin ich, weg vom geschützten Bereich, draufgekommen, dass das gar nicht so leicht ist, und schon gar nicht heroisch. Je nach gesellschaftlichem Umfeld oder den Gegebenheiten des Arbeitsplatzes war man schnell in der Rolle des Verspotteten, des Verlachten, oder wenigstens in der Rolle des Außenseiters. Aber das haben viele von Ihnen selber erlebt.
Der Dichter und Diplomat Paul Claudel hat die Aufforderung etwas abgewandelt. „Rede nur, wenn du gefragt wirst, aber lebe so, dass man dich fragt.“
Claudel legt die Latte noch höher. Nicht unser mündliches Bekenntnis soll unsere Zugehörigkeit zu Christus bezeugen, sondern unser Lebenswandel. Klar, wir wissen alle, dass wir noch ein wenig an uns arbeiten könnten. Aber leben wir nicht ohnehin in einem zutiefst christlichen Umfeld? Wehren wir uns nicht, vertreten durch unsere gewählten Sprecher, gerade heute ganz energisch gegen die Verfremdung und Bedrohung unserer angeblich christlichen Kultur, gegen alles, was uns anders erscheint. Mir kommt oft vor, dass in diesem offiziellen „christlichen Abendland“ das Christentum banal, zur Selbstverständlichkeit, zum Selbstzweck wird.
Keine Frage, da gäbe es noch viel zu tun. Und auch nachzudenken darüber, dass die Zahl der Christen nicht wegen der nichtchristlichen Zuwanderer zurückgeht.
Aber ich möchte einer anderen Sache auf den Grund gehen. Petrus spricht nicht von einem Bekenntnis zu Jesus Christus und auch nicht von einem aufsehenerregenden, gottgefälligen Leben, nicht von einem Glaubenszeugnis. Er spricht von Hoffnung, von einer Hoffnung, die uns Christen erfüllt und über die wir Rechenschaft zu legen haben. Was könnte diese Hoffnung sein, die uns abhebt von den anderen. Was ist diese Hoffnung, dieses Alleinstellungsmerkmal der Christen? Und sind wir erfüllt davon?
Im altenJudentum und auch im Alten Testament begegnen wir der Ansicht, dass Gutes Tun bereits in diesem Leben belohnt und entsprechend Böses Tun bestraft wird. Eine Sichtweise, die leider auch in unserer Kirche manchmal noch vertreten wird, die sich aber schon durch unsere ganz normale Lebenserfahrung als falsche Hoffnung herausstellt.
Eine anderer Ansatz wäre das sogenannte positive Denken, ausgelöst durch den Glauben an Jesus und seine Botschaft. Dem kann ich schon einiges abgewinnen. Wenn wir uns wirklich konsequent bemühen nach der Botschaft Jesu zu leben und zu handeln, nach der Botschaft, die ja im letzten eine Botschaft der Liebe ist, dann wird unsere Welt ganz sicher eine lebenswertere sein. Aber das gelingt uns leider so wenig.
Von den naiven Vorstellungen, dass man alles schaffen könne, wenn man nur will, oder dass man nur fest daranglauben muss und dann bekommt man den Lotto-Sechser schon, will ich gar nicht reden.
Aber das hat wieder alles nichts mit Hoffnung zu tun. Wo ist sie also, diese Hoffnung, die uns erfüllt. Im Katechismus, in kirchlichen Lehrsätzen werden wir sie nicht finden. Diese Hoffnung ist nirgendwo festgeschrieben und kann es auch nicht sein. Diese Hoffnung ist zutiefst persönlich, für jeden von uns einzigartig. Diese Hoffnung ist etwas, das wir für uns selbst ausmachen, in unserem Leben suchen und finden müssen.
Ich bin ja jetzt nicht danach gefragt worden, aber ich möchte doch ein bisschen etwas von meiner Hoffnung preisgeben. Vielleicht täte es uns ja manchmal gut, uns über unsere ganz persönliche Hoffnung auszutauschen, uns darüber gegenseitig Rede und Antwort zu stehen. Meine Hoffnung ist, dass ich einmal als der, der ich bin, der ich geworden bin, als Erlöster aufgenommen bin in der Liebe Gottes. Dass alle Verletzungen, die mir zugefügt wurden und alle Verletzungen, die ich anderen zugefügt habe, endgültig geheilt sind. Und dass in dieser versöhnten und geheilten Weise alle Beziehungen, die in meinem Leben geworden sind, bleiben, wie in einem Netzwerk der allumfassenden Liebe Gottes.
Rudolf Bittmann Diakon