Liebe Mitchristen!
mit diesem Fest dürfen wir den Abschluss der Osterzeit feiern. Leider haben sich die letzten Monate heuer ganz anders entwickelt als bisher gewohnt. Aber Gott sei Dank ist scheinbar die ärgste Zeit überstanden und es kann wieder langsam Leben einkehren in allen Bereichen. Und mit Freude feiern wir heute gemeinsam das Fest des Heiligen Geistes.
Der Heilige Geist ist eine Gabe, ein Geschenk, damals an die werdende Kirche, und heute an uns, nach dem Jesus nicht mehr als Mensch auf dieser Erde ist. Er wirkt als Beistand, der die Menschen über die sprachlichen und nationalen Barrieren hinweg zusammenführt. Jerusalem war eine Stadt mit vielen Sprachen, unterschiedlichen Kulturen und Religionen.
Hinter verschlossenen Türen haben die Jünger sich versammelt. Und es wird ihnen der Lebensatem eingehaucht. Es geht wieder weiter! Dieser Geist belebt sie und gibt ihnen den Mut, hinauszugehen aus dem ängstlich verschlossenen Obergemach. Sie werden beschenkt mit der Zusage, die zugleich Auftrag ist: „und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem, in Judäa und bis an die Grenzen der Erde.“
Dieses Evangelium kann auch uns ansprechen und frei machen von angstmachenden Gottesbildern. In unseren Herzen ein neues Feuer entzünden, das uns antreibt, aus unserer oft spürbaren Trostlosigkeit und Glaubensmüdigkeit heraus zu kommen. Diese Freude soll man uns ansehen. Wir können sie weitertragen. Das ist unsere Pfingstbotschaft. Mit dieser Zusage des Heiligen Geistes entsteht und lebt die Kirche. Eine lebendige Kirche, die unterwegs ist mit dem Geschenk des Geistes. Nicht immer ist dieser Geist bei uns spürbar. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns bemühen, stets ein offenes und waches Ohr für die Weisungen Gottes zu haben. In der Geschichte der Kirche sind so manche Beispiele zu finden. Sie hat immer dann Reform und Erneuerung erfahren, wenn sie sich vom Heiligen Geist führen und leiten ließ.
Der im 2. Vatikanum formulierte Text der für die heutige Zeit so anschaulich und treffend ist, ist sicherlich als eine wichtige Erkenntnis im Wirken des Geistes zu betrachten. Es heißt dort: Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedürftigen aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi.
Gott spricht zu uns in allen Zeiten auch durch prophetische Frauen und Männer. Es gibt Menschen, die mit der Gabe der Prophetie beschenkt sind, die unserer Welt heilende oder warnende Worte zu sagen haben und sich auch trauen und getraut haben. Und wir wissen, dass diesen Mut so manche mit dem Leben bezahlen mussten. Es gibt manchmal Situationen wo vielleicht auch wir gefragt wären, etwas zu sagen, aber aus Angst und Feigheit bleibt der Mund geschlossen. Oft sind es auch selbstgemachte und behütete Barrieren, wo mit ganzer Kraft verhindert wird, bei sich selbst anstehende, notwendige Veränderungen und Neuerungen zu erkennen und durchzuführen.
Wir dürfen darauf vertrauen, dass die Kraft des Geistes zu durchdringen vermag, was in sich erstarrt und erkaltet ist. Wo wir vielleicht selber keinen Weg mehr finden.
Ist es nicht so, dass wir dem Geist Gottes mehr Raum geben müssen? Er will uns alle in Beziehung bringen. Ich habe anfangs gesagt, Jerusalem war eine Stadt mit vielen Sprachen, Kulturen und unterschiedlichen Religionen. Wie ist es bei uns in Wels? Schenkt uns Gott die notwendigen Begabungen und Talente? Ich glaube schon, dass es in Wels nicht wenige Menschen gibt, die sich in diesem wichtigen Bereich engagieren und sich um ein gutes Zusammenleben bemühen. Die Liebe, von der wir Christen immer reden, sie vermag alles. Sie kann alle Barrieren überwinden. Liebe, Toleranz und Wertschätzung können Berge versetzen. Ist das nicht auch in unseren Familien heilsam?
Ich glaube, dass es in unserer Zeit wichtig ist, nicht nur auf´s Überleben zu schauen, sozusagen, dass sich jeder über Wasser hält, sondern dass wir das Gute in uns entdecken und es in Form von Begabungen und Talenten behutsam fördern. Diese Aufgabe gilt für jeden von uns persönlich, auch für die Beziehungen zu den uns anvertrauten Kindern und Jugendlichen. Der Geist Gottes will eine offene, lebendige Kirche, offen für notwendige Erneuerungen, offen für den interreligiösen Dialog, offen für gesellschafts- und sozialpolitische Fragen und die Herausforderungen, die uns die Bergpredigt bietet.
Pfingsten will dem Reich Gottes mit all dem was wir dazu beitragen können zum Durchbruch verhelfen. Der Geist Gottes sorgt für manche Überraschung, er weht wo er will. Darauf dürfen wir vertrauen und Gott immer wieder darum bitten.
Hermann Niederhauser Diakon