„An jenem Tag verließ Jesus das Haus und setzte sich an das Ufer des Sees. Da versammelte sich eine große Menschenmenge um ihn. Er stieg deshalb in ein Boot und setzte sich. Und alle Menschen standen am Ufer. Und er sprach lange zu ihnen in Gleichnissen.Er sagte: Siehe, ein Sämann ging hinaus, um zu säen. Als er säte, fiel ein Teil auf den Weg und die Vögel kamen und fraßen es. Ein anderer Teil fiel auf felsigen Boden, wo es nur wenig Erde gab, und ging sofort auf, weil das Erdreich nicht tief war; als aber die Sonne hochstieg, wurde die Saat versengt und verdorrte, weil sie keine Wurzeln hatte. Wieder ein anderer Teil fiel in die Dornen und die Dornen wuchsen und erstickten die Saat. Ein anderer Teil aber fiel auf guten Boden und brachte Frucht, teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach. Wer Ohren hat, der höre!“ Mt. 13, 1-9
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
pitzeln, schreien, Rhetorik, überreden, einschüchtern, diskutieren, überzeugen, lügen sind einige Vokabel, die mit der Sprache zusammenhängen. Menschen im Bereich der Politik und der Wirtschaft werden geschult, um gezielt auf die Meinungen und Stimmungen der Menschen Einfluss zu nehmen. Besonders vor jeder Wahl, vor jeder Verhandlung wird gefeilt und geübt, um keine verbalen Ausrutscher zu machen. Der durchschnittliche Mensch lässt sich von der Emotionalisierung der Sprache, von der Eloquenz des Redners nicht selten beeindrucken und nimmt dabei nicht einmal die Inhalte wahr. Gerade wenn ein Redner nicht viele Argumente hat, werden vor allem Ängste geschürt, Emotionen aufgebauscht und dann aus der Stimmung heraus entschieden. Besonders im politischen Bereich wird eine solche Haltung, die in flammenden Reden ihren Ausdruck findet, Populismus genannt und sein Ziel ist, die Massen auf seine Seite zu gewinnen.
Vielleicht haben wir schon Menschen getroffen, die behauptet haben, genau zu wissen, was in einem konkreten Moment richtig ist. Vielleicht sind wir ihnen gefolgt und im Nachhinein haben wir es bereut. Denn auch wir sind der Sprache ausgesetzt. Auch wir treffen Entscheidungen auf Grund von Auftritten, Reden, Informationen, die uns erreicht haben. Worauf achten wir dabei? Wie weit lassen wir uns von den Überredungskünstlern in die Irre führen? Haben wir die Fähigkeit entwickelt, das Wort durchzufiltern, um zwischen Demagogen und Propheten zu unterscheiden?
Die heutige Liturgie setzt sich mit dem Wort, besonders mit dem Wort Gottes auseinander und sie kann uns helfen, es in der Welt und im eigenen Leben zu erkennen.
Wenn wir vom Wort Gottes sprechen, müssen wir uns von den Bildern einer lauten Gewaltsprache verabschieden. Gott erscheint in den biblischen Texten nicht mit einem roten Kopf, weil er sich ärgert, dass sein Wort nicht ankommt. Gott hat einen langen Atem, weil er weiß, dass sein Wort heilend wirkt und nicht gegen den Menschen gerichtet ist. Wer sich danach richtet, erfährt auch das Heil, wer sich darauf einlässt, ist selber ein Teil des Heils Gottes in der Welt. Aber die Schwierigkeit beim Wort Gottes ist die, dass es nicht wie ein Zauberspruch wirkt, sondern immer den freien Menschen erreichen will, damit er es weiterträgt und weitergibt. Darum wird im Evangelium das Wort Gottes mit dem Samen verglichen, der nur dann aufgeht, wenn er auf einen guten Boden fällt. Dort, wo der Mensch sich selbst zum Boden für das Wirken Gottes in der Welt macht, dort, wo der Mensch sich öffnet, damit Gott durch ihn wirken kann, dort nimmt das Wort seine Gestalt an, dort wird es spürbar und lebendig, dort wird es die Menschen stärken, ihnen Mut machen, von den Ängsten befreien und heilen.
Wie erkennt man, dass jemand ein guter Boden ist, dass jemand nicht sich selbst und die eigenen Weisheiten verkündet, dass jemand ein Prophet und nicht ein Populist ist?
An den Früchten lässt sich das Wirken Gottes im Leben eines Menschen erkennen. Dort wo jemand zum Frieden beiträgt, dort wo jemand am Aufbau der Gemeinde beteiligt ist, dort wo durch jemand Menschen gestärkt und befreit werden, dort wo Menschen zur Freude des Lebens finden, wo sie beginnen auch für andere zu leben, dort wirkt das Wort Gottes in einem Menschen und bewirkt, was Gott vorgesehen hat.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
Gott spricht leise, Gott spricht ohne zu versuchen, jemand für seine Pläne unbedingt überreden zu wollen. Gott legt uns sein Heil vor und verspricht uns, uns auf unseren Wegen zu begleiten, uns nicht alleine zu lassen, wenn wir sein Wort aufnehmen und danach handeln. Nicht Glaubenspopulisten, nicht Glaubensdemagogen will Gott, sondern Menschen, die selbst zu Botschaftern seines Heils in der Welt werden. Ich wünsche uns allen, dass die Worte, die wir sprechen, andere Menschen aufbauen und stärken. Ich wünsche uns, dass wir zu einem guten Boden werden, auf dem das Wort Gottes wachsen und andere erreichen kann.
Slawomir Dadas Pfarrer