Liebe Schwestern, liebe Brüder,
die meisten von uns kennen das Kinderspiel „Heiß oder Kalt“. Für alle, die es nicht kennen, oder schon vergessen haben, eine kleine Spielanleitung. Es geht dabei um die Suche nach einem versteckten Gegenstand, der sich mit Hilfe einer Person leichter finden lässt. Durch die Zurufe „heiß“ – wenn die suchende Person schon ganz nahe dran ist oder „kalt“ – wenn sie sich davon entfernt, kann es sogar mit relativ kleinen Kindern gespielt werden. Da es zu Ostern zumindest im Brauchtum um die Suche nach den Osternestern geht, ist mir der Vergleich des Osterfestes mit dem Spiel „Heiß oder Kalt“ eingefallen. Ich meine dabei nicht, dass Gott mit den Menschen spielt, aber dass Gott uns immer wieder zuruft, damit wir alles finden, womit er uns beschenken möchte. Zu Ostern möchte Gott, dass wir die Freiheit und das Leben finden und er führt uns durch die ganze Karwoche und durch die Symbole des Osterfestes dazu.
Spielen wir also mit ihm das Spiel „Heiß oder Kalt“.
Bereits am Palmsonntag waren die ersten Zurufe. Zu allen, die in der Kirche eine gesellschaftspolitische Macht suchen, danach streben und die Kirche dazu missbrauchen, sagt Gott „kalt“. Unser König Jesus Christus hat mit Macht, mit Gewalt, mit Prunk und Glanz nichts zu tun.
Allen, die die Kirche als eine Gemeinschaft verstehen, die mit Gott unterwegs ist, von ihm Zeugnis gibt und manchmal auch gegen den Strom schwimmt, wenn es um das Wohl der Menschen geht, ruft Gott „heiß“ zu.
Der Gründonnerstag ist das Fest der Eucharistie, die für Einheit und für den Dienst steht. Allen, die aus der Eucharistie einen bloßen Kult und Tradition machen wollen, um die eigenen religiösen Bedürfnisse zu befriedigen, ruft Gott „kalt“ zu. Denn die Eucharistie ist zuerst ein Dank für Gottes Wirken in unserem Leben und dadurch eine Verpflichtung zur Einheit, die aus der Vergebung wächst.
Aber allen, die in der Eucharistie die Kraft suchen, um den anderen zu dienen, allen, die die Fußwaschung als ein einfaches Zeichen sehen, für unsere Bereitschaft, nicht Herrschaft anzustreben, sondern die Möglichkeit zum Dienst an dem anderen zu suchen, all jenen ruft Gott „heiß“ zu.
Karfreitag mit dem Kreuz ist für einige ein Fest der Lebensverachtung, wieder für die anderen ein Zeugnis von der Ohnmacht Gottes. Zu allen, die es so sehen, oder die das Kreuz für die Entschuldigung, Erklärung und Begründung des ungerechten Leidens in der Welt verwenden, sagt Gott „kalt“.
Zu allen, die im Kreuz die Solidarität Gottes mit dem Leid der Menschen sehen, allen, die das Kreuz als Zeichen der Gewaltfreiheit Gottes und dadurch die Durchbrechung des Teufelskreises der menschlichen Gewalt sehen, sagt Gott „heiß.“
Und endlich Ostern – das Fest des Lebens. Aber zu allen, die das Leben auf Kosten anderer gestalten, zu allen, die das Leben im Konsum, in Fokussierung auf sich selbst und nur auf die eigenen Bedürfnisse suchen, zu allen, die das Leben mit Beherrschen, Genießen ohne Rücksicht auf die anderen verbinden, sagt Gott „kalt“. Allen, die das Leben als einen Beitrag zum Wachstum der Gemeinschaft sehen, allen, die das Leben im Beistand in der Trauer, in der Einsamkeit und in der Angst finden, allen, die das Leben als einen neuen Aufbruch nach einem Fall verstehen, allen die das Leben als Ausrichtung auf Gott und seine Botschaft der Barmherzigkeit und Liebe verstehen, ruft Gott „heiß“ zu.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
Ostern ist ein Fest der Suchenden. Ostern will unseren Blick auf das wahre Leben richten. Ich wünsche uns allen, dass wir die Zurufe Gottes an uns „heiß“ und „kalt“ wahrnehmen. Ich wünsche uns, dass wir mit seiner Hilfe das Leben finden, das er für uns vorbereitet hat: Hier als das Leben einer liebenden, barmherzigen Gemeinschaft und einst als das ewige Leben bei ihm mit allen, die bereits bei ihm angekommen sind.
Slawomir Dadas Pfarrer