Schwestern und Brüder im Herrn!
Was bedeutet es, wenn man Arbeit hat? Man hat ein Einkommen, ist beschäftigt und hat auch Freude mit dem Erzeugten oder Geleisteten. So habe ich das im Beruf erlebt. Derzeit gibt es wegen der Coronapandemie zu viele Menschen, die das nicht erleben können: Arbeitslose – vor allem Frauen; junge Menschen, die einen Lehr- oder Arbeitsplatz suchen; Studierende, die eine Stelle für ein Pflichtpraktikum benötigen; Kleinbetriebe, denen Aufträge und Einkommen fehlen; Menschen in Kurzarbeit.
Die Betroffenen haben weniger oder kein Einkommen, können ein Studium kaum fortsetzen oder beenden, ihnen fehlt die Möglichkeit zu einer sinnvollen Tätigkeit, auch mangelt es an Sozialkontakt. Dadurch kommt es ui psychischen oder finanziellen Problemen. Arbeitslosigkeit nagt an der Würde des Menschen – Zorn kann aufkommen!
Ich selbst hatte das Glück, keinen einzigen Tag arbeitslos zu sein, aber mein Start ins Berufsleben war auch schwierig. Für den Besuch eines Gymnasiums reichte das Einkommen meines Vaters nicht, und so begann die Suche nach einem Lehrplatz. Bedingt durch den 2. Weltkrieg beendeten 163 zwei Geburtsjahrgänge ihre Schulzeit. Erst in Wels fand ich eine Lehrstelle und kam aus dem Steyrtal hierher.
Viele Jahre später suchte ein Mädchen eine Lehrstelle bei einem Goldschmied. Von Wels bis Linz bekam sie als Mädchen keinen Platz.
Einen jungen Automechaniker, dessen Firma in Konkurs gegangen war, erlebte ich nach zwei Monaten Arbeitslosigkeit „am Boden zerstört“.
Arbeit Suchende schreiben viele Bewerbungsschreiben und bekommen selten eine Antwort.
Ich denke, Probleme bei der Arbeitssuche gab es immer und kann es auch in Zukunft geben. Derzeit ist es aber wegen der Coronapandemie besonders schwierig! Und die Pandemie verstärkt die Kluft zwischen Armen und Besitzenden, zwischen den Arbeitslosen und den anderen.
An uns liegt es, mit den Betroffenen sensibel zu reden, Kontakt zu halten, um Hilfe bemüht zu sei. Bei uns liegt die Entscheidung zwischen Ausgrenzung und Solidarität. Die Rückkehr ins Berufsleben wird in manchen Branchen nicht leichter werden.
Ob die Coronapandemie nicht auch auf eine Fehlentwicklung in der Wirtschaft hinweist?? Immer mehr Produkte werden maschinell in dem Land erzeugt, wo der größere Gewinn für die Firma (Aktionäre) herausschaut, und sie haben ein baldiges Ablaufdatum. Dadurch werden Rohstoffe verschwendet, die Müllberge wachsen, die Erde wird ausgebeutet, die Klimaerwärmung nimmt zu, ein Teil der Flüchtlinge sind auch die Folge! Kann es so weitergehen?
Es kann kaum und soll wohl auch nichts repariert werden, damit die Großkonzerne noch mehr verdienen! Durch dieses System verschwinden bei uns viele Berufe und die Arbeitslosigkeit bleibt hoch. Gehen da nicht handwerkliche Fähigkeiten verloren und werden andererseits nicht sinnlose Jobs geschaffen? Wichtige Beschäftigte, die wir derzeit dringend benötigen – Verkäuferinnen, Pflegepersonal, usw.- werden meist schlechter bezahlt!
Im Bild vom „guten Hirten“ schwingt die Sehnsucht nach einem Weggefährten und Begleiter mit, der weiß, was für alle gut ist. Es zeigt, wie Liebe und Verantwortung funktionieren können. Dieses Bild weist uns auf eine liebevolle Sorge um andere hin. Jesus selbst zeigte, dass Zuwendung und Liebe allen Menschen gebührt, nicht nur den Israeliten. Er redete mit der kanaanäischen Frau am Jakobsbrunnen, versprach dem fremden Hauptmann Hilfe, aß mit Zöllnern und Sündern, heilte Kranke, usw.Ich d enke, genau zu diesem Verhalten sind auch wir aufgerufen, damit unsere Gemeinschaft glaubwürdig ist und erhalten bleibt.
Josef Bernögger Diakon