Liebe Schwestern, liebe Brüder,
seit September dieses Jahres ist in den Wirtschaftskreisen der Aufstieg der Energiepreise ein großes Thema. Ich möchte Sie nicht schrecken, aber ein paar Zahlen möchte ich Ihnen trotzdem zumuten. Zwischen Oktober 2020 und Oktober 2021 sind laut Statistik Austria und Berechnungen der Österreichischen Energieagentur folgende Steigerungen verzeichnet worden: Holzpellets um 1,8%, Brennholz um 8,3%, Strom um 9,6%, Gas um 15,6%, Diesel um 34,8% und Heizöl um 60,8%. Fast paradox klingt es, wenn man sagt: Unsere zwei größten Probleme könnten in den nächsten Jahren die Klimaerwärmung einerseits und die soziale Kälte andererseits werden. Ich hoffe, dass die politischen und wirtschaftlichen Kräfte daran arbeiten, dass sich die Mehrheit der Gesellschaft die Wärme weiterhin leisten kann.
Aber dieses Bild der einziehenden Kälte entspricht auch der Stimmung in den Herzen vieler Menschen. Viele sind müde, frustriert, haben Angst vor der Zukunft, sind wie ausgefroren. Da hilft es wenig, die Geschäfte, Gasthäuser und ein paar Punschstandl vor Weihnachten aufzumachen. Sie erwärmen die Herzen nicht. Dazu braucht es eine andere Heizquelle als Öl, Gas, Holz oder Strom, auch wenn diese zu einem guten Lebensstandard wesentlich beitragen. Da hilft es auch nicht, einen Sündenbock, einen Schuldigen für die Situation zu suchen und alle Wut, Frust und Aussichtslosigkeit auf ihn abzuladen.
Die Wärme, die wir jetzt alle miteinander brauchen, fließt nicht durch die Pipelines aus dem Osten oder Norden; sie wird nicht an den Börsen gehandelt und nicht mit großen Preisen am Ende eines Jahres ausgezeichnet. Wir brauchen die Wärme, die die Müden stärkt, die den Frustrierten Hoffnung schenkt, die den Verängstigten Mut macht und die die Ausgefrorenen auftauen lässt.
Eine solche Wärme ist nicht menschlich machbar. Sie ist ein göttliches Geschenk und wir können sie gerade heute finden. Wir feiern, dass Gott sich unter die Menschen mischt. Wir feiern, dass er zuerst zu denen kommt, die in Finsternis gehen, und die im Land des Todesschattens wohnen, wie wir es beim Propheten Jesaja gehört haben. Gott kommt, um Licht und Freude zu den Menschen zu bringen, die unter der Last des Lebens stöhnen. Er ist der Gott, der das Leben erleichtert, der den inneren Frieden und dadurch die Zukunft schenkt. Mit seiner Botschaft macht er das Leben heller und wärmer auch dort, oder gerade dort, wo das aus menschlicher Kraft nicht möglich ist.
Wir, die seine Geburt feiern, können ihn, sein Licht und seine Wärme in uns aufnehmen und in die Welt hinaustragen. Denn die ausgekühlten Herzen der Menschen können nur durch die strahlenden Herzen der anderen erwärmt werden.
Aber wann ist ein Herz strahlend warm, wann ist ein Herz mit der Weihnachtsbotschaft so gefüllt, dass es für andere Herzen Wärmequelle sein kann? Die Antwort finden wir in den Weihnachtsbildern. Dort, wo Menschen in Liebe zu einander stehen, obwohl sie nicht alles verstehen, dort, wo sie sich gegenseitig respektieren, obwohl nicht alles 100%ig passt, dort, wo sie nicht verhärten, sondern weich werden für die Sorgen, die Nöte und die Bedürfnisse des anderen; überall dort erstrahlen Herzen und spenden Wärme in ihrer Umgebung.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
Weihnachten ist ein Fest des göttlichen Lichtes und der göttlichen Wärme, die in unser Leben eintreten wollen. Es ist ein Fest, das nicht ablenken will von den Problemen und Sorgen des Alltags und sie nicht zudecken will mit ein paar Päckchen unter dem Christbaum. Weihnachten gibt die Antwort darauf und sie heißt: Lass den Himmel in dein Leben rein. Lass Dir von Gott seinen Frieden, sein Licht und seine Liebe schenken. Erwärme Dein Herz an seiner Zusage, dass er mit Dir geht auch in den dunkelsten und kältesten Tagen deines Lebens.
Ich wünsche uns allen, dass die kommenden Festtage Tage der Freude miteinander und übereinander sein werden. Ich wünsche uns, dass wir – erwärmt durch die Begegnung mit Gott – mit strahlend warmen Herzen auf andere zugehen. Und ich wünsche uns, dass wir zu Engeln, also zu Boten der Wärme Gottes werden und dazu beitragen, dass die Welt nicht in eine neue Eiszeit hineinschlittert.
Slawomir Dadas Pfarrer