Liebe Schwestern und Brüder!
Einen Überblick und eine Einführung in Überlegungen für die Fastenzeit hier in der Pfarre Hl. Familie darf ich Ihnen heute geben. Mit dem heutigen Aschermittwoch beginnt die 40tägige Fastenzeit.
Die Begleitworte beim Bezeichnen mit dem Aschenkreuz „Bekehrt euch und glaubt an das Evangelium“ oder „Bedenke, Mensch, dass du Staub bist und wieder zu Staub zurückkehren wirst“ regen zum Nachdenken an. So großartig und einzigartig wir als Individuen sind, wir sind doch endlich. Wir sind nicht das Zentrum des Universums, auch wenn wir uns manchmal dafür halten. Angesichts der Großartigkeit der Schöpfung wird uns bewusst, wie klein wir sind und dass es der Demut bedarf, uns in die heutige Zeit und in der Geschichte unseres Planeten entsprechend einzufinden. Und immer wieder bedarf es auch der Umkehr.
Da setzt die vor dem Altar aufgebaute Szenerie an:
In den letzten Jahren ist einiges in die Brüche gegangen. Selbstverständlichkeiten haben sich aufgelöst. Menschen haben sich aus Beziehungen zurückgezogen, manche leider auch aus unserer Mitte, wenn wir in die Reihen der kirchlich Engagierten und Gottesdienstbesuchenden hier in der Pfarre blicken. In der Gesellschaft hat es an mehreren Ecken und Enden zu bröckeln begonnen. Hier im Altarraum haben wir die Ruinenüberreste einer einst stolzen Burg symbolisch dargestellt.
Die Burg ist noch als schwarzer Schatten im Hintergrund erkennbar – stolz thronte sie über dem Tal. Als sicher galt sie und unzerstörbar. Wenn man die Pflege und Instandhaltung schleifen lässt – das ist in einer Beziehung/Partnerschaft genauso wie im Garten oder bei der Wartung von technischen Geräten, Fahrzeugen oder eben Bauwerken – dann beginnt sich manches abzunutzen und abzuschleifen. Zuerst nur unmerklich und dann mehr und mehr. Die Erosion über die Zeit hat ihre Spuren hinterlassen. Einzelne und dann immer mehr Felsbrocken sind heruntergefallen und haben nur mehr eine Ruine hinterlassen. Und der Efeu hat zu wuchern begonnen.
Mit Blick auf dieses Sinnbildfrage ich uns an:
- Was ist in unserer Gemeinschaft und bei uns in der Pfarre in die Brüche gegangen in der zurückliegenden Zeit?
- Wo habe ich bei mir selbst Bruchstellen verspürt?
- Wo habe auch ich zu einem Abbröckeln beigetragen?
Wenn ich an einige wichtige Bausteine von heute denke, dann kommen wir Verpackungen/Kartons/Container in den Sinn. Es sind Artefakte unserer heutigen Zeit. In den zurückliegenden Jahren haben Botendienste immer mehr zu tun. Paketsendungen und Retouren haben in der Pandemie deutlich zugenommen. Ohne die Verpackung wäre das undenkbar. Darum sind unsere Ruinentrümmern aus Karton – mit Farbe grau, moosgrün und schwarz ist ihre Herkunft unkenntlich gemacht worden. Es waren einmal Versandschachteln für Schuhe oder Bekleidung, Verpackungen von Werkzeug und Maschinen, es gibt da auch Umzugskartons, Aufbewahrungsbehältnisse aus Archiven darunter – jedes erzählt seine Geschichte.
In der Fastenzeit wollen wir nach Wertvollem suchen, das in der Ruine verschüttet, ist und die Schätze heben, die unter den Trümmern verborgen liegen. Jeden Sonntag einen davon. Die Fastenzeit als vorösterliche Bußzeit regt an, uns Zeit zu nehmen für uns selbst, für tiefe Begegnungen und für Gott.
Wir können dem nachtrauern, dass nur noch Überreste übrig sind.
Wir können die Steine der Ruine als Hindernisse in unserem Weg sehen oder als Abfall.
Oder wir sehen sie als Bausteine für etwas, das noch wachsen wird. Unsere Perspektive mit dem Blick auf das Osterfest, auf das wir uns in der Fastenzeit vorbereiten ist nicht das der Depression, sondern die Blickrichtung der Hoffnung auf die Auferstehung.
Und diese Hoffnung steht uns gut – wenn ich an das Evangelium (Mt6,1-6, 16-18) anknüpfe, dann ermutigt uns Jesus dazu: Auch wenn ihr fastet, salbt euch das Haupt und wasche euer Gesicht. Nicht Mitleid wollen wir in unserer Einkehr oder Aufmerksamkeit von anderen – sondern wir wollen selbstbewusst das ausstrahlen, woraufhin sich unser Fasten richtet: auf die Hoffnung, dass eine andere Welt und ein friedvolles Zusammenleben möglich ist – schon in diesem Leben, auch wenn rundherum die Anzeichen ganz anderes verkünden.
An den kommenden Fastensonntagen wollen wir darum Hoffnungstexte und Hoffnungsgeschichten als Vorbereitung auf Ostern hin am Zaun zum Pfarrhofgarten aufhängen. Das können persönliche Erlebnisse sein, bei denen man den Autor oder die Autorin angibt oder auch anonyme Erfahrungen. Wir werden auch Hoffnungs-Texte und Hoffnungs-Sprüche aus der Bibel und der Tradition hinzufügen. Meine Bitte an Sie alle: Wer andere ermutigen will und bereit ist, einen Hoffnungstext oder Hoffnungsgedanken zur Verfügung zu stellen, den/die bitten wir uns diese Hoffnungsperspektiven zur Verfügung zu stellen. Sie können diese im Pfarrbüro oder bei einem der Seelsorgenden abgeben.
So wollen wir mit den Bausteinen der Ruine an etwas Neuem arbeiten, an etwas Verbindendem, das uns guttut und uns gemeinsam weiterbringt. Auf Ostern hin soll die Vorfreude auf das Fest der Auferstehung auch bei uns deutlich spürbar sein. Denn wir sind – und das schreibt der Apostel Paulus im 2. Brief an die Gemeinde in Korinth (vgl. 2. Lesung heute: 2 Kor 5,20 – 6,2) – Gesandte Gottes. Und weiter schreibt er: Lasst euch mit Gott versöhnen. Dieser Auftrag ist auch ein Anspruch an uns: wir sollen die Gnade Gottes nicht vergebens empfangen. Und der Zuspruch ist da: (Ab) Jetzt ist der Tag der Rettung. So sei es!
Christoph Burgstaller
Pastoralassistent Pfarre Vogelweide