Schlussgedanken von Pfarrer Slawomir Dadas

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

wissen Sie noch, worüber ich am 13. September 2009 – also bei meiner Amtseinführung in der Vogelweide – gepredigt habe? Haben Sie damals nicht aufgepasst?

Es ist um Wahl eines Pfarrers nach eigenen Wünschen, also um die möglichen Castingshows für Pfarrer gegangen und um die Frage, ob ich bei einer solchen bei Ihnen in der Vogelweide eine Chance hätte, zumindest ins Finale zu kommen.

Heute lädt uns die erste Lesung wieder einmal dazu ein, ein Wunschkonzert zu veranstalten: Denn Gott spricht zur Salomo und fordert ihn auf: „Sprich eine Bitte aus, die ich dir gewähren soll!“

Was wäre also, wenn Gott der Obfrau des Pfarrgemeinderates im Traum erscheinen und sie auffordern würde: „Ulla, euer vertrauter Pfarrer, an den Ihr euch bereits gewöhnt habt, dessen Stärken und Schwächen Ihr genau kennt, wird euch verlassen: Sprich darum eine Bitte aus, damit es euch in der Zukunft gut geht, und ich werde sie euch gewähren.“   Sofort würde Ulla die Pfarrversammlung einberufen. Aber die wichtigste Frage zum Schluss wäre: Auf welche Bitte würden Sie sich am Ende eines langen Tages voller Debatten und Überlegungen als Pfarrgemeinde einigen? Vielleicht auf solche:

Gott, schenke uns einen Zwilling von Slawomir, aber natürlich einen nicht so sturen, nicht so herausfordernden und nicht so direkten, einen, der keine zu scharfen Faschingspredigten schreibt und der uns nicht so drängt, nach Vorne zu denken und immer wieder neue Sachen umzusetzen.

Oder: Gott, schenke uns einen gemütlicheren Pfarrer, wie es in der Gegend ein paar gibt; damit wir nach den intensiven vierzehn Jahren ein wenig zur Ruhe kommen und nicht so viele Gottesdienste und nicht so viel Programm haben; einen der nichts entwickeln will, sondern damit zufrieden ist, dass sich nicht viel tut.

Oder: Gott, schenke uns endlich eine Frau als Pfarrleiterin, damit nicht nur der Sohn Gottes, sondern auch eine Geistin bei uns wirkt.

Also, welchen Wunsch würden Sie als Pfarrgemeinde Gott zu erfüllen vorlegen?

Liebe Schwestern, liebe Brüder,
ich wünsche Ihnen, dass Sie sich nicht den Kopf darüber zerbrechen, ob und in welchem Ausmaß die neue Pfarrleitung Ihren Wünschen entspricht, auch nicht darüber, ob die Reduktion im Glaubensleben nicht besser unserer modernen Zeit entspricht, aber auch nicht darüber, wie Sie weiterhin alle bisherigen Praktiken beibehalten können. Sondern ich wünsche Ihnen mit den Worten des Salomo „ein hörendes Herz und die Gabe der Unterscheidung zwischen Gut und Böse“ zum Wohl des Volkes Gottes.

Denn die Zukunft der Kirche und dadurch der Pfarrgemeinde Heilige Familie  hängt nicht davon ab, ob da vor Ort ein Pfarrer wohnt oder nicht, sondern davon, ob es auch noch Morgen und Übermorgen Menschen geben wird, die ein hörendes Herz haben: vor allem ein Herz, das auf Gott hört, also Menschen, die aus einer tiefen Beziehung zu Gott leben. Aber auch ein Herz, das auf Menschen hört, das nicht über die Köpfe der anderen hinweg entscheidet, das nicht nur dem nachgeht, was seine eigenen Bedürfnisse sind, sondern das die anderen und deren Wünsche ernst nimmt und sich den Nöten und den Sorgen der anderen zuwendet.

Die Zukunft der Kirche hängt auch nicht davon ab, ob die neuen Seelsorgerinnen und Seelsorger genau so sind, wie wir es uns vorgestellt haben, sondern davon, ob es auch Morgen und Übermorgen noch Menschen geben wird, die zwischen Gut und Böse unterscheiden können und die sich für das Gute entscheiden; Menschen die nicht den Moden, der Bequemlichkeit und den Populisten nachlaufen, sondern vor allem der Botschaft Jesu, die uns auf Gott ausrichtet, untereinander stärkt und uns zu Taten der Nächstenliebe bewegt.

Salomo hat von Gott ein weises und verständiges Herz bekommen, das ihm half, das Volk Gottes zu führen und ich bin überzeugt, dass auch die Pfarrgemeinde Vogelweide ein solches Herz bekommt, wenn sie Gott mehr darum bittet, als um einen sich erträumten Pfarrer.

Die Geschichte, die wir in den letzten Jahren mit Gott und miteinander gestaltet haben, war schön. Sie hat uns geprägt und verändert. Sie hat viele bleibende Eindrücke hinterlassen. Aber ich wünsche uns allen, dass wir ihr nicht nachtrauern, sondern dass wir uns in der neuen Situation und in den neuen Aufgaben von Gott beschenken lassen mit dem hörenden, verständigen Herzen.

Ich wünsche Euch, dass Ihr nicht in der Geschichte hängen bleibt, sondern nach Vorne geht; ausgerichtet auf das Gute, um den Menschen der kommenden Generation, den Jugendlichen und den Kindern der Vogelweide einen Auftrag zu hinterlassen, und der Auftrag heißt: das Leben der Pfarrgemeinde Heilige Familie aus der Beziehung zu Gott für die Menschen zu gestalten.

Slawomir Dadas
Pfarrer